Freitag, 14. Mai 2010

Blick auf die Bärchi




Was für ein Blick!! Direkt über dem Dampfschiff zeigt sich uns die Bärchi, von der Axenstrasse her gesehen.

Mittwoch, 12. Mai 2010

Uris Uhren gehen anders: Buchbesprechung



Heinrich Danioth: Betruf


Die Urner Uhren gehen anders
Modell einer traditionellen Welt?

Hierarchie
Anselm Zurfluh/Albrt Hauser; http://www.thesisverlag.ch/presse-uri.htm
12.5.10


"Es ist nicht verboten, die Gedanken in die Bergwelt schweifen zu lassen und sich der Ahnung hinzugeben, das Ur- und Inbild dieses kleinen Kreises sei in der Talgemeinschaft zu finden. Solch ungemein auf Sicherung des kleinen Menschenhäufleins bedachtes Fühlen müsse sich dort über Jahrhunderte genährt haben, dort wo der Einzelne ohnmächtig ist vor einer übermächtigen, kalten, grausamen Natur."
Karl Schmid schrieb diese Sätze in einer Studie über den kleinen Kreis. Anselm Zurfluh, der in Silenen beheimatete, in Frankreich lehrende Historiker, ist auf Grund des Quellenmaterials und einer reichhaltigen Literatur dieser Frage nachgegangen. Wie hat sich der kleine Kreis - gemeint ist hier Uri - unter Umständen und Verhältnissen, die sich seit dem 17. Jahrhundert veränderten, behaupten können? Gab es Dominanten, welche Leben und Existenz dieses Bergvolkes begrenzten und heute noch bestimmen?

Die Übermacht der Natur


Eine geographische Realität: Die Natur, das Klima, die Berge setzen, so wird im ersten Kapitel dargelegt, physische Grenzen. Steile Hänge - zum Wildheuen brauchte man seinerzeit zum Teil Steigeisen - erschweren und erschwerten die landwirtschaftliche Arbeit. Lange und schneereiche Winter bedrohten mit ihren Lawinen die Menschen und beeinflussten in nachteiliger Weise den Boden. Und nach den Schneeschmelzen kam es wiederholt zu grossen und verheerenden Überschwemmungen. Man denke an die Katastrophe vor wenigen Jahren. Zwar gibt es den Föhn, der unter anderem die Tiefebene von Altdorf erwärmt, aber im ganzen ist der Lebensraum knapp und die Natur feindselig.
Der Urner steht einem Raum gegenüber, den er nicht beherrscht. Um diese "überphysische Realität" auszudrücken, sprach er und spricht auch heute noch vom "Es". Das "Es" ist per definitionem etwas, das weder fassbar noch begreifbar ist. Schon Sigmund Freud hat vom "Es" gesprochen, und der Urner Arzt und Volkskundler Eduard Renner hat das Phänomen vor allem auch anhand der Urner Sagen exemplarisch beschrieben. Um sich gegen seine Übermacht abzuschotten und zu verteidigen, zieht der Mensch einen Schutzring, aus welchem die Macht des "Es" verbannt ist. So entsteht etwas wie ein heiliger Raum, in dem der Mensch dank gewissen Riten - man denke an den Betruf - dem "Es" Einhalt gebietet. Ein endgültiger Schutz freilich ist es, wie auch die Sagen lehren, keineswegs.
Was Herbert Lüthy in seinem Buch "Frankreichs Uhren gehen anders" ausgedrückt hat, könnte man teilweise auch auf die Urner übertragen. Auch die Urner Uhren gehen anders. Die Reformation hatte hier keine Chance, und die Französische Revolution bewirkte kaum eine Änderung der Grundeinstellung. Doch die Urner wussten sich auch zu behaupten. Im Zeitalter der Kutschen und des Säumerverkehrs profitierten sie vom Gotthardpass. Sie waren derart mit diesem Berg verbunden, dass eine Anpassung an neue Verhältnisse schwierig wurde. Der erste Zug wurde 1882 im ganzen Kanton Uri mit schwarzen Fahnen begrüsst.

Kinderreichtum

Einige demographische Komponenten: Weil eine Geburtenverhütung im grossen und ganzen fehlte, gelang es nicht, die Bevölkerungsdichte den Produktionsmöglichkeiten anzupassen. Das Volk verarmte, vor allem im 19. Jahrhundert, und hatte keine andere Wahl, als die von kantonsfremden Unternehmern eingeführte Industrialisierung anzunehmen. Doch Zusammenstösse zwischen der alten und der neün Welt waren fast programmiert. Aussenstehende bekunden Mühe, diese Mentalität zu begreifen. Ein Beispiel: Am Klausenpass verkauft ein kleines Mädchen Alpenrosen. Ein Automobilist steigt aus, um sie zu kaufen, aber er hat kein Kleingeld. Auch die Mutter, die an der Türschwelle des Hauses, umringt von einer grossen Kinderschar, erscheint, ist ausserstande, die kleine Note zu wechseln, denn Geld hat sie nicht. Der Autofahrer zu seiner Frau: Das ist das Resultat so vieler Kinder.
Tatsächlich, in Uri überliess man die Fortpflanzung dem natürlichen Zufall. Kinderzahl und Geburtenrate waren und sind höher als in andern Regionen. Allerdings nähert sich jetzt die Kinderzahl den Ziffern in andern Kantonen und Ländern. Aber die Geburtenrate ist immer noch höher als anderswo. Kinder zu haben, das war und ist etwas Schönes und Grosses, und es gehörte zur göttlichen Verantwortung. Auf der andern Seite war kinderlos zu sein ein Unglück. Die Wallfahrten von Ehepaaren ohne Kinder beweisen es deutlich. Doch die Urner praktizierten die Geburtenverhütung nicht deshalb nicht weil es an Mitteln fehlte, sondern weil sie dazu keine Beweggründe hatten. Sie wussten, dass Kinder mithelfen konnten, sie wussten aber auch, dass eine allzu grosse Kinderschar dem Wohlstand entgegenstand. Das hat denn auch prompt zur Auswanderung und zum Solddienst geführt.
Fast exotisch wirkt aus heutiger Sicht das "Himmeln". Es ist von einem aufgeklärten Reiseschriftsteller des 18. Jahrhunderts überliefert. Wenn Kinder krank wurden, hat man nicht immer die Hilfe der wenigen Arzte und Heilkundigen gesucht, sondern Messen lesen lassen, "auf dass sie bald sterben mögen". Und man vergoss, so der Aufklärer, keine Tränen: "Im Gegenteil, man freut sich, und es heisst: Du hast nun einen Engel im Himmel." Opfer einer Täuschung. Es ist vor allem falsch, das als Gefühllosigkeit zu deuten. Die Idee, so Zurfluh, dass ein totes Kind eine Wohltat sein könne, stammt im übrigen nicht von Pfarrherren und ist noch weniger die Einstellung eines unreflektierten Funktionalismus: "Es ist ganz einfach für die Bevölkerung eine geistige Hilfe, welche von der Kirche unterstützt und bejaht wurde."

Abhängigkeit

Dass auch in Uri die Heiratskreise klein waren, überrascht nicht. Ähnliche Feststellungen hat man auch in andern Kantonen - beispielsweise im Wallis - gemacht. Obwohl es nicht an Kontakten mit Fremden gefehlt hätte (Gotthardpass!), holten die Männer ihre Frauen fast immer im eigenen Dorf. So haben 70 Prozent der Familie Hänsler von Bürglen und Unterschächen zwischen 1920 und 1939 ihre Ehefrauen in einem Kreis von weniger als zwei Kilometern gesucht. Oft löste sich die Frage der Kindertauglichkeit einer Frau auf einfachste Weise. Führte der Kiltgang zu einer vorehelichen Empfängnis, sah man das keineswegs als Unglück an. Das Verhältnis wurde einfach durch die Heirat legalisiert. Die altüberlieferte Arbeitsteilung - der Mann arbeitet auf dem Feld und in der Werkstatt, und er arbeitet für die Politik, die Frau aber kümmert sich um die Kinder -, diese Arbeitsteilung wurde als natürlich und gottgegeben angesehen.
Die Untersuchung der ökonomischen Rahmenbedingungen (Landwirtschaft, Söldnerdienst, Transportdienst, Handwerk, Politik) ergibt für Zurfluh den Schluss, dass die Urner bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zum Teil von den Einkünften anderer lebten. Das wurde ihnen zum Verhängnis. Die Industrie und die Fabrikarbeit zu akzeptieren war ausserdem durch die Weltanschauung erschwert. Man wurde und wird ganz gern wohlhabend, ja reich. Gleichzeitig aber herrscht Misstrauen gegen spekulatives oder schnelles Verdienen. (Als Zurfluh sein Buch schrieb, gab es den Kings Club noch nicht. Erstaunlich ist es, dass sich so viele Urner beteiligten.)
Wie steht es mit der "Gleichheit" der Demokratie, den politischen Rechten? Antwort von Zurfluh: "In Uri hat jeder seinen gerechten Platz." Es gibt zwar ein Oben und Unten. Die Hierarchie wird keineswegs verurteilt oder abgelehnt. Wichtiger als diese Frage scheint die andere zu sein: Welcher Kirche und welcher Religion gehört man an? Nach wie vor ist die katholische Kirche mächtig und die Theologie für den Urner kein formelles Gedankengebäude. Des Urners Weltschau bleibt magisch, und man soll und kann auch das "Es" nicht aus der Welt schaffen. Hierin stimmen Volk und Kirche weitgehend überein. Das ist vielleicht ein Grund, weshalb es in Uri nur sehr wenige Hexenverfolgungen gab. Obwohl die Urner Gesellschaft in einem gewissen Sinn blockiert ist, kommt es nach Zurfluh zu keinen sichtbaren Zerreissproben. Die Urner Gesellschaft empfindet das, was anderswo als problematisch angesehen wird, als unproblematisch. In einem geschlossenen kulturellen System laufen alle Änderungen ohne allzu grosse Schwierigkeiten ab.
Kann, so fragt Zurfluh am Schluss seines Buches, das Urner Modell auf die Bergregionen der Schweiz übertragen werden? Ohne die Frage eindeutig zu beantworten, gibt Zurfluh doch eher zu erkennen, dass er diese Frage bejaht. Ob sich die traditionelle Welt in Uri selber zu behaupten vermag, wird die Zukunft lehren. Gewiss, es gibt zwei Pole, den Fortschritt einerseits und die Dauer anderseits. Es sind dies Pole, aber sie ergänzen sich und schliessen sich nicht aus. Welches Gewicht man diesen beiden Polen zumessen will, diese Frage mag jeder Leser für sich selbst entscheiden. Das Buch von Zurfluh kann ihm dabei helfen.

Montag, 10. Mai 2010

Die Aschwanden und die Bärchi



Ein Auszug aus der Aschwanden Familiengeschichte:



DIE BÄRCHI - DAS TOR ZUM ISENTHAL

Dank der besseren Lebensverhältnisse in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelten sich auch die Aschwanden-Stämme recht kräftig. In Bauen lebten beispielsweise um die 10 Familien der Generationen IV, V und VI aus BALZ, verteilt auf ca. 5 Heimstätten. Ähnlich lagen die Verhältnisse bei den Nachfahren aus ANDREAS. Beide Stämme scheinen zu Ansehen und Wohlstand gelangt zu sein. Der Balz-Stamm lebte bescheidener als Bauernstand, der Andreas-Stamm brachte mehr Handwerker hervor.

Im Folgenden bleiben wir auf den Spuren des BALZ, unter Berücksichtigung auch des ANDREAS-Stammes, soweit eine Beziehung zu Isenthal bestand........

Da auch im kleinen Bauen Platz und Ausdehnungsmöglichkeiten beschränkt waren, stellte sich in der VI. Generation wiederum das Problem einer Abwanderung. Während sich im Zuge der ersten Wanderbewegung in der III. Generation erst die Aschwanden-Stammväter der 'Greter' und 'Küfer' im Isenthaler Grosstal niedergelassen hatten, bevorzugten die meisten übrigen die Übersiedlung in andere Seegemeinden. In der VI. Generation bot sich nun zunehmend das schwach besiedelte Isental an, das durch die 'Landstrass' bzw. den Alpweg über die Bärchi erschlossen war.

So wurden die Bärchigüter (untere und obere, hintere, mittlere, äussere oder vordere) zu einem Anziehungspunkt und damit auch zum Tor ins abgeschlossene Isental. Deren Wohnlage mit Blick auf den Urnersee ist nach wie vor einmalig. Nicht nur das Geschlecht der ASCHWANDEN gelangte auf diesem Wege nach Isenthal, sondern u.a. im 17. Jahrhundert von Sisikon via Bauen auch die INFANGER und im 18./ 19. Jahrhundert aus dem Schächental der Stamm der GISLER.

Das typische Beispiel einer stark gewachsenen Familie stellt die Situation auf der Reesti in Bauen dar, dem Stammsitz der grossen Bauer- und Isenthalerlinien aus BALZ. Um 1740 wohnten unter dem gleichen Dach der Grossvater KARL ROMAN 1664-1749, mit seiner zweiten Frau sowie die Eltern JOH. JOS. REMIGlUS 1698-1753, 1720 mit Anna Zwissig (1701-1761), mit 7 Kindern, geboren zwischen 1721 und 1737. Joseph Remigius war ein angesehener Mann, 'des Rats' und Kirchenvogt, der mit 55 Jahren tödlich verunglückte. Laut dem Sterbebuch Bauen "fiel dem Ratsherrn Jos. Remigius Aschwanden am 26. Februar 1753, während er in einem Schiffchen nahe bei der Isleten der Arbeit oblag, ein Stein so unglücklich auf den Kopf, dass er augenblicklich entseelt liegen blieb"......

- NIKOLAUS (1727-1800, verheiratet 1751 mit Verena Infanger, von Bauen, und 1797 mit Wwe. Maria Anna Zurfluh, von Seedorf, lässt sich im Gurgeli in Bauen nieder. Es handelte sich dabei um ein grosses Wohnhaus, dem später noch eine Mosttrotte angebaut wurde. Im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts entstand dann an der Bachmündung noch eine dazugehörige Sägerei samt Rossstall. Die Gurgeli-Besitzer wurden Mitte des 19. Jahrhunderts ebenfalls Eigentümer der Unteren Bärchi.

- KARL ANTON 1730-1790, ehelicht 1756 Elisabetha Aschwanden und 1777 Agatha Huber, von Isenthal, und wird Besitzer des Stöckli in Bauen. Von seinem Sohn ANDREAS dem 'Stöckli - Res', stammen wiederum drei Söhne ab, deren Nachkommen nicht nur in Bauen, sondern auch in Seelisberg, Seedorf und Unterschächen zu finden sind.

Der zweitälteste und der jüngste Bruder verlassen das Dorf am See und ziehen Richtung Isenthal.

- JOHANN 1737-1819, heiratet 1763 in Isenthal Martha Agatha Arnold und erwirbt die Hinterbärchi. Diese Familie wächst auf 2 Knaben und 5 Mädchen an. Johann amtet als Kirchenvogt und wird der Stammvater der 'Hinterbärcheler', die allerdings in der IX. Generation aussterben.
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- FRANZ JOSEPH 1724-1778, vermählt sich 1755 in Isenthal mit Maria Ursula Gnos. Die Mittlere Bärchi wird ihr Wohnsitz, wo sie 8 Kinder, 5 Knaben und 3 Mädchen, grossziehen. Zwei davon sind schon auf der Welt, als 1759 auf der Bärchi ein Brand ausbricht, der mehrere Häuser gefährdet, jedoch glimpflich abläuft. Noch heute erinnert ein Votivbild in der Pfarrkirche Isenthal an jenen Schreckenstag. Das Unglück wird darauf so geschildert: "Ist eine Brunst entstanden auf der Bärchi, allwo Franz Jos. Aschwanden u. Frau Maria Urschel Gnoss, durch anruffen der hl. Agatha ist erhört worden."




Auch Franz Joseph ist, wohl als Vorgänger seines Bruders Hans, Kirchenvogt. Er hat aus den 5 Söhnen eine grosse Nachkommenschaft, die hauptsächlich das noch dünn besiedelte Isental bevölkern wird. Er stirbt 54-jährig als angesehener Mann, wovon auch das grosse Leichengeleite zeugte. Den Nachkommen hinterlässt er nebst dem Bärchigut auch die im Grosstal gelegene Hintere Bodmi, die aber wohl noch nicht ganzjährig bewirtschaftet wird.

Bei Franz Josephs Tod an Weihnachten 1778 sind die Kinder zwischen 2 und 22 Jahre alt. Die Söhne scheinen ebenfalls initiativ und unternehmend gewesen zu sein, machen sich doch alle um 1790 herum selbständig und erwerben eigene Heimwesen. Die Ehen dieser VII. Generation fallen in die schwierige Zeit zwischen 1779 und 1798. Drei Söhne und die Tochter URSULA lassen sich in Isenthai nieder, zwei Töchter, MARIA ANNA und MARGRITHA, heiraten nach auswärts. Von ihnen ist sonst nichts Näheres bekannt.

- DerBärchi treu bleiben JOST 1760-1835, wie auch der jüngste Bruder, JOSEPH MARIA 1773-1848. Sie bewirtschaften zusammen die Mittlere Bärchi und sind 1792 auch im Besitz der Ausseren Bärchi, die von Joseph Maria nach der Familiengründung l797 übernommen wird. Beide Brüder verlieren ihre erste Frau und gehen mit über 60 Jahren noch eine zweite Ehe ein.

Der Sohn JOST und die Tochter MARIANNA bleiben auf der Mittleren Bärchi, sind ledig, sehr angesehen und wohlhabend.
JOSEPH MARIA auf der Ausseren Bärchi hat aus der 1. Ehe mit Wwe. Agatha Huber 4 Töchter und den Stammhalter JOHANN JOSEPH welcher im Isenthal die Linie der 'Wätzliger' begründen wird. .......“



Auszug aus: Aschwanden Familienchronik von 1600 bis 2000, Hedwig Kleiner-Aschwanden, Meilen 2001, Gamma Druck und Verlag AG, Altdorf, Seiten 25 bis 27

Wohnbauten in Isenthal: Das Bärchihaus



WOHNBAUTEN IN ISENTHAL

ALLGEMEINES

Während der Bestand an alten Wohnbauten bis zu den beiden ersten Dritteln des 18.Jh. gering ist, haben sich aus dessen letztem Drittel eine Anzahl Häuser erhalten, die auch ihre innere Struktur bestens überliefern. Grundsätzliches über den alten Isenthaler Wohnbau hat sich daher vorweg auf diese Gruppe abzustützen. Das Isenthaler Haus besteht zum größtmöglichen Teil aus Holz, an erster Stelle bedingt durch den dortigen Holzreichtum. Ursprünglich wurde nur gerade der Kellersockel in Stein gemauert, die Umfassungswände der Obergeschosse ausschließlich, auch im Küchenteil, in Holz errichtet. Seit dem späteren 18. Jh. hat man den Wandabschnitt hinter der Feuerstelle, bloß in der Breite der Herdplatte, als schmalen Mauerstreifen im Küchengeschoß gemauert. Selbst die Kamine waren aus Holz gefertigt. Noch ausschließlicher war die Verwendung von Holz beim Gadenbau. Bis weit ins 19. Jh. hinein pf1egte man auch dessen Unterbau in Holz zu errichten und nur auf ein niedriges Mauerfundament zu stellen. Wegen des großen Holzbestands setzte auch die Ziegelverwendung für Wohnhausbedachungen spät und zögernd ein.

An den Wohnbauten des späteren 18. Jh. fallen die stattliche Breite wie Tiefe auf. Es sind ihnen in der Regel Vorlauben angefügt, und oft kragt an Stelle der einen ein Kammerbau aus; zumeist ordnen sich daher über den geräumigen Stube und Stübli drei Vorderkammern an. Zudem ist im Dachgeschoß eine Firstkammer üblich. Auch die Seitenfronten erscheinen stark befenstert, besonders im hintern Gebäudeteil; die Rückfronten dagegen sind fast öffnungslos. Mit Vorliebe ist ihnen in ganzer Fassadenbreite ein Holzschopf-Anbau zugefügt. Das Dach kennzeichnet - gegenüber den eigentlichen Tätschdachhäusern - eine mäßige Steilheit (Dachneigung durchschnittlich gegen 40°). Sein ausgeprägter Giebelvorstand ruht auf kräftigen, zumeist roßkopfgezierten Balkenkonsolen. In der Grundrißstruktur zeigt sich eine Tendenz zur Gangbildung zwischen Vorder- und Hinterhaus, als häufigste Variante ein kurzer Gangabschnitt im Hauseingangsbereich, bedingt durch den Einbau eines Speichers; die Küche nimmt dann wieder die ganze Tiefe des Hinterhauses ein. Bei größer bemessenen Bauten liegt die Küche in der Mitte zwischen Speicher und Kammer. Sie öffnet sich nicht ins Obergeschoß, ist bereits mit einer Decke versehen. Die große Gebäudetiefe erlaubt im Obergeschoß die Anbringung zweier ansehnlicher Kammern auch im Hinterhaus (traufseits). Gelegentlich treten bescheidene Kerbverzierungen auf.

Hervorstechend ist die große Farbenfreude, in welcher die Isenthaler ihre Häuser im späten 18. und im frühen 19. Jh. ausdekorierten. Wiewohl die farbige Bemalung dem damaligen Zeitgeschmack entsprach und auch in Nachbargemeinden des Seebereichs gerne angewendet wurde, bleibt die Intensität der Beziehung zur Farbe im Isenthal außergewöhnlich. Haupttöne bilden die Dreiklänge Weiß-Gelb-Rot oder die Variante Weiß-Grün-Rot. Die Ausschmückung des Äußern gilt vorweg den Fensterbereichen. An den Seitenfronten wird die Fensterzierverkleidung sogar bloß illusionistisch hinzugemalt. Auch im Innern, an malerisch verzierten Decken und Türen, an Buffets und Truhen, wird diese besondere Affinität zur Farbe ablesbar. Die grün glasierten Kachelöfen wurden im 18. und im früheren 19. Jh. zumeist von den Hafnern in Gersau bezogen.


EINZELBAUTEN


2. Mittlere Bärchi (Hausberchi).
(Ältere Schreibweise: Berche.) Am äußersten Ende des Tals am Weg nach Bauen, Über dem Urnersee. Erste Erwähnung als Wohnsitz: um 1650 im Besitz von Levin Infanger. 1759 Nachricht von einem schweren, jedoch glimpf1ich verlaufenen Brand. Über erstem Wohngeschoß Vordach, Lauben, Firstkammer. Fein bearbeiteter und profilierter Firstbalken, Pfettenenden mit Roßkopfzier, einseits dornhaft verzogen. An traufseitiger Eingangsfront Stubenfenster mit aufgemalter Zierverkleidung, rot-weiß-grün, mit Datum 1838. Inneres. Nach Eingangstür schmaler, kurzer Gangabschnitt, gegen das «Hinterhaus» Kammereinbau. Zwischen Kammerende und Küchenwand traufparallele Treppe ins Obergeschoß. Stube mit Türen des spätesten 18. Jh. Decke mit flachen, annähernd quadratischen Feldern, kunstvoll ausgesägte Füllungsecken, spätes 18. Jh. Buffet in Nußbaum, sparsam gesetzte Ziermotive in Einlegearbeit, dat.: «17 IHS 91», links von Stern, rechts von Marienmonogramm begleitet. Im Stübli «Gänterli» mit den entsprechenden Zierformen. Ein grüner Kachelofen wegen Schadhaftigkeit ausgebaut, Kacheln als Stübliwandverkleidung erhalten. Haus möglicherweise vor dem letzten Drittel des 18.Jh. erbaut.



Auszug aus: Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri Band II Die Seegemeinden; Helmi Gasser; herausgegeben von der Gesellschaft für schweizerische Kunstgeschichte Bern, Birkhäuser Verlag Basel 1986, Seiten 307 - 309

Sonntag, 9. Mai 2010

Isenthal und Bärchi in der Franzosenzeit 1799


General Suworoff auf dem Gotthard (Zeitgenössische Darstellung)

In seiner eindrücklichen Zeitzeugenschilderung der turbulenten Zeiten von 1798 bis 1803 im Kanton Uri, vermag uns Karl Franz Lusser die schrecklichen Zeiten nahe zu bringen. Da er eindeutig aus der Position der „alten Ordnung“ berichtet und auch polemisiert, kann ich gut nachvollziehen, wie auch heutige Gesellschaften, denen eine Ordnung von aussen auferlegt wird, nie zur Ruhe kommen und wie das Leben der EinwohnerInnen von Terror, Angst, Hunger, Armut, Rechtsunsicherheit und Ungewissheit geprägt ist. (Afghanistan kommt mir als aktuelles Beispiel immer wieder in den Sinn)

Bezeichnend ist der Anfang des ersten Kapitels
(Vorboten der Revolution von 1789 bis 1798)

„Der Saamen, den Afterphilosophen und gottvergessene Religionsspötter so frech und so reichlich ausgestreut hatten, ging in Frankreich besonders als üppiges Unkraut auf und trug immer reichlichere Früchte, so zwar, dass es zum guten Tone, zur feinen Bildung ghörte, das Christenthum, und besonders die katholische Religion und ihre Einrichtungen und Gebräuche zu verspotten und lächerlich zu machen, und die Priester der Religion zu verachten und ihre Pflichten als Anmassung, als Störung menschlicher Glückseligkeit zu verschreien........“


Zweimal schildert Lusser Episoden, in denen Isenthal vom Krieg betroffen wurde. Am Ende erschien es den französischen Heerführern offensichtlich sinnvoller, eine „ehrenvolle Capitulation“ zu vereinbaren, als auf diesem Nebenschauplatz unnötig Ressourcen zu verschwenden. Und so können sich die Isenthaler in Erinnerung an diese Tage einwenig als „Helden“ fühlen.
Hier folgen nun die beiden Schilderungen:


Neuntes Kapitel
Des Bauernkriegs Anfang: Vertreibung der Franzosen aus Uri (1799)
(Seiten 112 und 113)

„....die meisten fielen noch in der Nacht oder früh am Morgen den Bauern in die Hände, welche Gefangene und Verwundete in das Kloster brachten. Unter ersteren war auch Grenadierhauptmann Dupin, den einige durch den ersten glücklichen Erfolg toll gewordene und wuthentbrannte Schreier nebst andern Gefangenen sogleich niederhauen wollten, allein der ernsten Fürsprache des Herrn Landammann Jost Müller, dem sich mehrere menschlicher gesinnte Landleute anschlossen, gelang es, die Schandthat zu verhüten und die Nonnen verpflegten diese Unglücklichen mit ächt christlicher Liebe. Mehrere schwer verwundete Franzosen hauchten da ihren Geist aus, nachdem sie, gerührt durch die Teilnahme des seeleneifrigen Pfarrers Imhof, aus dessen Hand noch die heiligen Sterbesakramente empfangen – eine Gnade, die ihnen in der revolutionirten Heimath damals kaum zu Theil geworden wäre.

Gleich nach dem Gefecht bei der Brücke zu Seedorf war ein des Pfades wohl kundiger Mann von Bürglen, Franz Arnold, Emmeter Franz genannt, in das Isenthal geeilt; von Schweiss triefend, kam er mitten in der Nacht im Birki, der zunächst liegenden Wohnung dieses Thales an, warf den noch blutigen Säbel auf den Tisch, erzählte kurz, was vorgefallen und verlangte, dass schnell die Anhöhe bei der Fruttcapelle besetzt werde, um den Franzosen, welche diesen Rückweg suchen könnten, diesen zu verwehren. Dies geschah in möglichster Eile, und wirklich graute kaum der Tag, so erschien ein Trupp Franzosen; mit Schüssen und Steinen wurden sie in diesem gefährlichen Engpass empfangen und grossentheils gefangen genommen. Zwei davon suchten über Felsabhänge zu entkommen, wo nur wenige Eingeborene zu klettern gewagt hätten, so gross war ihr Schrecken vor den erbitterten Bauern; aber nur einem gelang es, die Isleten zu erreichen, der andere fiel zu Tode. Ein gefangener Officier ging sodann an eben diesem Morgen, von Bauern begleitet, den ganzen Wald entlang, die Versteckten hervorzurufen und bald da, bald dort trat einer aus dem Dickicht hervor; aber einige, entweder weil sie diese rufende Stimme nicht hörten oder nicht erkannten, oder keinen Pardon erwarteten, kamen erst am dritten oder vierten, ja ein Wachtmeister erst am fünften Tage, von Hunger getrieben, blass und entstellt aus dem Verstecke. Einige solche Versprengte hatten sich schon den ersten Abend beim weissen Haus nahe er Reussbrücke zu Attinghausen wieder gesammelt, wurden aber am folgenden Morgen früh von einigen Bauern angegriffen, geworfen und im Ruberst zu Gefangenen gemacht; auch diese konnten nur mit Mühe von den menschlicher Gesinnten vor wildem Abschlachten gerettet werden. Sie wurden zu den übrigen anch Seedorf abgeführt, von wo dann alle zusammen folgenden Tages nach Bürglen gebracht und in dem alten Thurme nahe der Tellscapelle eingesperrt wurden.....“




Zehntes Kapitel
Wiedereroberung Uri’s durch die Franzosen (1799)
(Seite 131)

„......Inzwischen hatten die Männer von Isenthal ihr stilles Tälchen mannhaft verteidigt und mehrere Angriffe, welche Waadtländer von Bauen aus gegen die Bärki unternahmen, blutig zurückgewiesen. Endlich unterhandelte Pfarrer Imholz im Namen der tapferen Thalschaft und erhielt eine sehr ehrenhafte Capitulation, gemäss welcher sie selbst die Waffen behalten durften..........“



Auszug aus:
Leiden und Schicksale der Urner während der denkwürdigen Revolutionszeit, vom Umsturz der alten Verfassung im Jahre 1798 bis zu deren Wiederherstellung im Jahre 1803
Zum Andenken für seine Mitbürger aufgeschrieben von Dr. F. Lusser (Karl Franz Lusser),
Mitglied mehrerer gelehrter Gesellschaften, Altdorf, Druck und Verlag von Franz Xaver Z’graggen 1845

Faksimile-Neudruck der Originalausgabe von 1845 mit Geleitwort und erläuterndem Namen-register. Herausgegeben von der Kantonsbibliothek Uri. Räber Verlag Luzern und Stuttgart.
Separatdruck der 11./12. Jahresgabe der Kantonsbibliothek Uri 1964/65. Redaktion: Hans Schuler, Staatsarchivar, Uri

Walter Hauser: Der Dichter als Kaplan in Isenthal 1928




Walter Hauser, der sensible und stille dichtende Urner Pfarrer, war in unserer Familie ein "Heiliger", eine Persönlichkeit von ungeheurer moralischer und kultureller Autorität. Meine Grossmutter, eine seiner grossen Verehrerinnen, schenkte mir jeweils zu Weihnachten das aktuellste Bändchen von Walter Hauser. Einen ganz besonderen Bezug habe ich zum ersten Band "Stufen zum Licht", der fast ausschliesslich in den Jahren 1928/29 in Isenthal entstanden ist. Im untenstehenden Auszug zitiere ich daraus zwei Gedichte und einen Auszug aus Hausers Selbstbiografie, in der er die Zeit als Kaplan in Isenthal schildert. Von der Bärchi aus können wir direkt nach Sisikon blicken, dem Hauptwirkungsort des späteren "Dichterpfarrers von Sisikon".


Primiz
O Morgen!
Bist du der Himmel,
dass du so voll Licht bist?
Ein Meer von Lilien,
dass du so voll Duft?
Ein Tod,
dass du so voll Tränen?

Ich ziehe an
das Schultertuch der Kraft,
die Albe blühender Reinheit,
den Gürtel siegreicher Zucht,
den Manipel helfender Liebe,
die Stola freien Gehorsams,
das Gewand der Freude,
der Freude!

O Morgen!
Bist du der Himmel,
dass du so voll Licht bist,
voll Jubel bist,
voll Gott bist?



"Vier Wochen nach der Primiz folgte ich einer Einladung von Frau Egger-von Moos in ihr Hotel auf der Frutt, Obwalden. Dort las ich auf einem Bänklein im Freien vor ein paar Damen zum erstenmal in meinem Leben aus meinen Gedichten vor. Die Damen waren höflich und geduldig.

Ein Seminarjahr nach der Priesterweihe, das vierte Studienjahr nach der Matura, vollendete meinen Studiengang. Wohin nun? In zuvorkommender Weise fragte mich Regens Gisler, der unterdessen mit der bischöflichen Würde ausgezeichnet worden war, was ich vorzöge: Lehrtätigkeit an einem Gymnasium, weitere Studien, ein paar Vikarjahre in Zürich, oder Seelsorge in einem stillen, innerschweizerischen Dorf. Ich wählte ohne Bedenken das letzte. Ich würde mich heute nicht anders entschliessen.

Einige Wochen später wurde ich auf die Regentie berufen: «Hätten Sie Lust, als Pfarrhelfer und Sekundarlehrer nach Isenthal zu gehen?» - «Isenthal? Wo ist das?» - «Das ist ein hochgelegenes, stilles Bergdorf am Urnersee. Das würde Ihrer Gesundheit gut tun.»

Am 15. August 1928 stand ich zum erstenmal auf der Kanzel von Isenthal, und im Oktober übernahm ich die frischgegründete Sekundarschule. Die Leute und der Pfarrer hatten Geduld mit dem jungen, offenbar etwas unpraktischen Kaplan, und ich plagte mich ehrlich und hart mit der Schule. Ich war für das Lehrfach nicht vorgebildet. Die Schüler kamen bestimmt zu kurz; aber ich glaube, die einen oder andern lernten wenigstens einen richtigen deutschen Satz zu schreiben. Ich wohnte im Pfarrhaus, und sowohl der Pfarrer wie die Pfarrhaushälterin gaben sich alle Mühe, mir ein Heim zu bieten. Nur der kleine, schwarze Hund wollte sich an mein Klavier, das einzige im Tal, nicht recht gewöhnen. Ich litt bisweilen sehr unter der Stille des Tales; aber ich hatte ja den Altar, das Klavier und den Schreibtisch. Ganz in der Nähe des Dorfes blühten ganze Wälder von Spiräen und vereinzelt auch Alpenrosen. Im Isenthal schrieb ich die meisten Gedichte der «Stufen zum Licht». Ich dachte aber nicht daran, sie zu veröffentlichen.
Ein Gedicht aus jener Zeit mag sagen, wie schwer es mir bisweilen fiel, mit der Einsamkeit fertig zu werden."


Dämmerung
Ich sitze im Abend.
Der Einsamkeit Purpur fällt über meine Knie,
wächst Über meinen Fuss,
fliesst Über fernste Strassen der Sehnsucht.

Meiner Seele scheuer Vogel singt auf meiner Schulter
Lieder voll süsser Traurigkeit
und kost meine Schläfe.

Denn nach einer Kosung hungert der Mensch.

Doch meine Mutter ist fern
und hört mich nicht.
Und mein Freund ist ertrunken
im dunklen Meer der Welt.

So sitzt der eigenen Seele scheuer Vogel
auf meiner Schulter
und kost meine Schläfe.


"Es fiel mir dann doch schwer aufs Herz, als ich nach zwei Jahren das Schulzimmer in Isenthal verliess, um als Vikar des erkrankten Pfarrherrn und bischöflichen Kommissars nach Altdorf zu ziehen. Als ich die Pfarrhausglocke von Altdorf zog, bekam ich durch das Fenster Bescheid, der Herr Kommissar sei soeben gestorben, und man habe nun für mich keine Verwendung. Ich wurde dann aber doch eingelassen, und ich konnte einen Monat lang in der Seel. sorge des Kantonshauptortes aushelfen. –

Unterdessen ging ein Törein auf. Die benachbarte Pfarrei Bürglen suchte einen Kaplan. Ich durfte mich im wundervoll romantischen Pfarrhaus von Bürglen vorstellen, und eine offenbar optimistische Empfehlung des aus Bürglen stammenden Weihbischofs Gisler beseitigte die Bedenken, einen Nicht-Urner zum Kaplan im TeIlendorf zu machen. Ich wurde gewählt, und am 4. Oktober 1930, meinem 28. Geburtstag, zog ich ein. Der Posten war mir ganz auf den Leib geschnitten. Da war ein weitläufiges Bauerndorf mit einer stilvollen, freilich renovationsbedürftigen Barockkirche, mit zwölf Kapellen, einem warmherzigen, zugänglichen Volk und einem für mich geradezu idealen Pfarrer. Er war ein geistig und körperlich noch sehr beweglicher Siebziger voll Geist, Wärme und Humor, von rührender Anspruchslosigkeit und mit ganz erstaunlichen Kunstkenntnissen. Sein Haus war ein Museum voll kunstgeschichtlicher und volkskundlicher Kurzweiligkeiten. Darunter befanden sich Werke von hohem Wert, die von Pfarrer Julius Loretz vor der Zerstörung bewahrt worden waren. Allabendlich sassen Pfarrer und Kapläne im Pfarrhaus oder auf einem Bänklein an der Feldgasse beisammen, und der Pfarrer nahm nach einem eigenen, umständlichen Rituale bisweilen eine gehörige Prise seines braunen Schnupftabaks, und es war auch ohne Jass nie langweilig. Freilich, literarische Neigungen besass Pfarrer Loretz nicht, obschon er einen ungewöhnlich kurzweiligen Stil schrieb.
Unterdessen war gelegentlich einer meiner Verse in fremde Hände gekommen, und man drängte mich, ein Bändchen in die Oeffentlichkeit zu geben. Ich stellte also zusammen, was mir geeignet schien, und suchte einen Verleger. Niemand wollte es wagen. Schliesslich erbarmte sich der Deutschlehrer am Kollegium Stans, Dr. P. Leutfrid Signer, schrieb eine eingehende Besprechung der Gedichte und bewog den Verlag Räber, Lnzern, die Herausgabe zu wagen. Direktor Job am Studio Zürich begrüsste das Bändchen mit hohem Lob, Peter Dörfler schrieb eine kurze, ausgezeichnete Besprechung, die heute wie eine Prophetie aussieht, und P. 1. Signer meldete das Bändchen mit einem ausführlichen Artikel in der «Schweizerischen Rundschau» an. Das Tor war aufgestossen. Für meine nähere Umgebung bot das Anlass, mich zu allen möglichen Arbeiten einzuladen: Sprechchöre für Landesfeiern, Gedichte für Hochzeiten, Primizen und Jubiläen, Sprüche für Trauerandenken. Viele davon schrieb ich in schlechtem Urnerdialekt, aber ich wusste, dass sie dann doch richtig aufgesagt wurden. Mein Pfarrer sah den früh blühenden Lorbeer seines Kaplans ohne Neid, wenn auch wahrscheinlich mit allerlei berechtigten Bedenken. Er sagte kaum ein Wort darüber."



Aus: Alfons Müller: Eine Einführung in das Werk von Walter Hauser. Mit einer Selbstbiografie des Dichters; Kantonsbibliothek Uri 5. Jahresgabe 1958

Bärchistrasse: Der alte Kantonsweg wird Fahrstrasse






Die Bärchistrasse


Die Bärchistrasse war das erste Bauvorhaben, das unter der Allmendbürgergemeinde bzw. durch den Allmendbürgerrat ausgeführt wurde. Früher gehörten die Bärchigüter dank ihrer Lage am alten Kantonsweg Isenthal - Bauen zu den besterschlossenen der Gemeinde. Nach dem Bau der Gross- und der Kleintalstrasse waren dann aber die Bärchenen die einzige Region, die nicht durch eine Fahrstrasse erschlossen war, denn der alte Kantonsweg, zugleich auch Alpweg von Bauen nach den Isenthaleralpen, war nur ein Fussweg. Die Erschliessung durch eine Güter- und Waldstrasse wurde immer mehr zu einer öffentlichen Forderung.

Allmendbürgerrat 9. Mai 1943
Der geplante Bärchiweg, dessen Trassee vom Haltenhaus bis Acherli ausgesteckt ist, hat eine Steigung von 12%. Mit den Besitzern der Liegenschaften Halten, Gubeli und Hinterbärchi sind Verhandlungen über den Landerwerb zu führen. Hiefür werden bestimmt:
Präsident Walker Michael und Vicepräsident Zurfluh Alois.

Bei den Verhandlungen über den Landerwerb waren einige Hindernisse zu überwinden. Die Weganlage sollte landschonend sein, dem Wald dienen, Sicherheit gegen Steinschlag bieten und die Zufahrt zu den Liegenschaften erleichtern. Damit verbunden waren auch Forderungen zur Trasseewahl.

Es konnte ein Kompromiss gefunden werden, der von allen etwas forderte, aber auch für alle Vorteile brachte, vor allem durch Erschliessung der Liegenschaften. Beim Landerwerb wurden Verträge abgeschlossen für 1.50 Fr. bis 2 Fr. pro m2, abzüglich die alten Wegflächen.

Allmendbürgergemeinde 11. November 1945
Das vom Allmendbürgerrat vorgeschlagene Projekt Bärchiweg im Kostenvoranschlag von Fr. 80000.- wird genehmigt und ein Baukredit in gleicher Höhe bewilligt.
An Subventionen sind zugesichert: Bund 30%, aus Konto Notstandsarbeiten 10%; Kanton 10%, für Notstandsarbeiten 5%.
Zur Sicherheit von Fussgänger- und Wanderverkehr sind drei Betonunterstände zu erstellen.
Mit dem Bau, in Regiearbeit, ist baldmöglichst zu beginnen.

Am 9. Oktober 1948 wurde ein Nachtragskredit von Fr. 10000.- bewilligt. Darin war auch der Ausbau des Kehrs ob Blackenrütteli eingerechnet, womit man eine Verbesserung für den Fahr-zeugverkehr nach Gossalp erreichen wollte. Die Bauarbeiten wurden in Regie ausgeführt, bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von 2 Franken. Kleinbauernbetriebe waren im Herbst und Winter froh um jeden noch so bescheidenen Nebenverdienst.

Nach Fertigstellung der Bärchistrasse erfolgte am 3. März 1949 die Bauabrechnung durch das Kantonsforstamt, mit einem Aufwand von Fr. 92 661.- , bei Subventionen von total Fr. 49 050.- . Obwohl man den Ausbau heute etwas grosszügiger wünschte, war es nach den damaligen Sub-ventionsbedingungen das Maximum, das möglich war. Da die Bärchistrasse überwiegend eine Güterstrasse ist, drängte die Allmendbürgergemeinde zur Entlastung ihrer Waldrechnung auf Abtretung an die Einwohnergemeinde.


Bärchistrasse wird Gemeindestrasse

Gemeindeversammlung 16. April 1988
Bereits vor einem Jahr wurde durch den Allmendbürgerrat Isenthal das Anliegen um Übernahme des Unterhaltes der Bärchistrasse an den Gemeinderat herangetragen mit der Begründung, dass diese Aufgabe mehrheitlich im Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit liege.
In den weitem Verhandlungen beantragt der Gemeinderat, die Bärchistrasse in das Eigentum der Einwohnergemeinde zu übernehmen. Es wird dabei in Erwägung gezogen, dass im Zusammen-hang mit dem geplanten Variantenweg Bauen - Isenthal - Isleten voraussichtlich mit namhaften Finanzierungsbeiträgen durch den Kanton Bern gerechnet werden kann. Bei der Ausführung von allfälligen Sanierungsarbeiten im Rahmen der Feierlichkeiten "700 Jahre Eidgenossenschaft" könnten diese in einem einfacheren Verfahren verwirklicht werden.

Dem Antrag um Übernahme der Bärchistrasse wird ohne weitere Wortbegehren zugestimmt.
Damit kommen der alte Kantonsweg und auch die Bärchistrasse, soweit sie diesen ersetzt, zu Jubiläumsehren als Teilvariante zum "Weg der Schweiz" um den Urnersee anlässlich der 700-Jahr-Feier. Diese Ehre wird auch der alten 'Landstrass' Isenthal - Fruttkäppeli - Isleten zuteil.

Aus Michael Walker: Isenthal im Wandel der Zeiten 1840 bis 1990, Gemeinde Isenthal 1991

Samstag, 8. Mai 2010

Die Strasse von Seedorf nach Isleten: Leidensgeschichte 2





DIE STRASSE Seedorf – Isleten

(aus Reminiszenzen an das Isenthal aus Anlass der Eröffnung der Güterstrasse Seedorf – Isleten, von Max Oechslin, Buchdruckerei Gamma, Altdorf 1951)

Die neuerstellte G ü t e r s t r a s s e, die Seedorf mit Isleten verbindet - und in den nächsten zwei Jahren bis Bauen weitergeführt wird - hat nun Isenthal aus seiner Weltabgeschiedenheit herausgenommen. Bereits vor fünf Jahrzehnten, als man an den Bau der Isentalerstraße ging, dachte man an eine "Verbindung über Land", indem vorgesehen war, vom untersten Kehr der Straße aus direkt durch die Gand gegen Engisort und längs dem Ufer in der Straßenlinie der heutigen Güterstraße, den Anschluss nach Seedorf zu finden. Aber einerseits fürchtete man sich schon damals vor dem Steinschlag in der Gand, dem heute durch die Erstellung der hundert Meter langen Galerie begegnet wird, und anderseits stand in jener Zeit der Dampfschiffverkehr auf dem See in vollster Blüte, so dass sich die Isentaler und kantonalen Behörden sagten, dass die Straßenverbindung zur Isleten den besten Aufschluss gebe. In der Folge zeigte sich dann aber immer deutlicher, dass man mit dieser "Sackstraße" nicht auskommen konnte, zumal während des ersten Weltkrieges 1914-1918 auch auf dem Vierwaldstättersee Verkehrseinschränkungen nötig waren, die die Isentaler wieder vermehrt "ins entlegene Tal" rücken ließen. Um 1923 wurde von Ing. Fahrner, Luzern, ein erstes generelles Projekt für eine Straßenverbindung Seedorf-Isleten-Bauen aufgestellt, zu welchem wir noch eine "forstliche Begutachtung" zu schreiben hatten, da die Strasse auch dem Aufschluss der Wälder längs dem See, des Isentals und Bauens dient.

Es schien aber über diesem Projekt kein guter Stern zu walten, denn es verschwand in einer Schublade oder Kiste; es heißt sogar "außer Landes". 1930 nahmen dann vor allem die Gemeindevertreter Isenthals, zu denen sich auch die zu Bauen gesellten, sowie Interessenten in Seedorf, die Idee eines Güterstraßeneubaues wieder auf, wobei der damalige Baudirektor Karl Gerig von Wassen wohl etwelche Zurückhaltung hielt, weil von anderer Seite auch von einer großen Durchgangsstraße, der "Linksufrigen", gesprochen wurde, welche den Aufschluss des ganzen linken Seeufers bringen und Nidwalden mit Uri direkt zu Land verbinden würde. Es darf aber wohl beachtet werden, dass selbst beim Bau einer großen Auto-Straße, die gerade auf der Strecke Engisort-Bauen drei Tunnels von mehreren Hunderten von Metern aufweist, für den internen Verkehr, vor allem der Land- und Forstwirtschaft, eine längs dem Ufer verlaufende und tunnelfreie Güterstaße direkt notwendig ist. Auch der Fußgänger wird weit lieber über eine Außenstraße schlendern als durch lange Tunnels, selbst wenn letztere künstlich belichtet sind.

Im Jahre 1937 wurde von Seiten des Kant. Kulturamtes unter Zuzug von Ing. H. Bickel, Zürich, ein Güterstraßenprojekt ausgearbeitet, welches sich eng an den Uferverlauf anschmiegt, eine Länge von 6866 m (6182 m Neubaustrecken und 648 m bereits bestehende und zu korrigierende Straßenstrecke) und eine Fahrbahnbreite von 2 m vorsah, totale Breite inkl. Bankett und Rinnen 2,6 m. Von seiten des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes wurde das Projekt mit einem Beitrag von 37,5 Prozent genehmigt, unterm 25. Mai 1938, und mit einem zusätzlichen Beitrag für Arbeitsbeschafftmg von 12,5 Prozent, unterm 22. Februar 1939.

Die Kantonale Volksabstimmung hatte in Verbindung mit der Genehmigung des Kredites für den Bau der Sustenstraße den Kostenvoranschlag von 690’000 Franken gutgeheißen, sowie den notwendigen Kredit für die Durchführung des Werkes. In der Folge tauchte aber wieder der Bau der großen linksufrigen Straße auf, wofür von Seiten des Eidg. Oberbauinspektorates, Bern, ein Projekt ausgearbeitet wurde, das für die Strecke auf urnerischem Gebiet vom Ingenieurbureau Carl Erni, Luzern, aufgenommen ist. Gleichzeitig tauchte auch wieder der Bau einer Güterstraße auf, weshalb das kantonale Bauamt Uri durch Ing. Bertrand Müller, Altdorf, ein neues diesbezügliches Projekt aufstellen ließ, das am 13. September 1940 vorlag und mit einem Kostenvoranschlag von 1 275 000 Franken rechnete.

Der Umstand, dass eine linksufrige Autostraße (mit einer Breite von 6 m) und eine Güterstraße gleichzeitig zum Gespräch gelangten und die Bundesbehörden sich gegen einen baldigen Bau einer großen Durchgangsstraße aussprachen, so wie sicher auch der Umstand, dass der Kanton Uri die großen Kosten einer Durchgangsstraße kaum zu tragen vermöchte, ließen das Oberbauinspektorat anhand der Pläne für eine linksufrige Autostraße durch Bauingenieur Dr. lng. Ruckli, Bern, ein Güterstraßenprojekt für die Strecke Seedorf-Bauen berechnen, allerdings unter Beibehaltung von drei Tunnels mit Längen von 344, 703 und 316 Metern. Der Kostenvoranschlag stelle sich auf 1 789 000 Franken. Nachdem die Baufrist für das Projekt von 1937/1938 verlängert, aber unbenützt verstrichen war, wurden Bau und Subventionierung der Güterstraße von Seiten des Bundes mit Beschluss vom 2. Mai 1942 auf unbestimmte Zeit verschoben, mit der Bestimmung, dass eine, neue Eingabe, unter Beachtung der sich dann ergebenden Verhältnisse und Baupreise zu erfolgen habe.

Es ist verständlich, wenn vor allem die besonders interessierten Gemeinden Isenthal und Bauen bei den kantonalen Behörden immer wieder den Bau der Güterstraße verlangten, wie sie in der Volksabstimmung von 1938 genehmigt worden war. Denn immer weniger gestattete es die Finanzlage des Kantons, eine große linksufrige Autostraße in Angriff zu nehmen, waren deren Kosten für die Strecke Flüelerstraße-Seelisberg-Buochs doch mit 39,5 Millionen Franken berechnet, wobei auf die Straßenstrecke Seedorf-Isleten-Bauen allein 12 620000 Franken entfallen. Deshalb bekam der Gedanke des Baues der Güterstraße wieder vermehrten Boden. Der Regierungsrat beauftragte das kantonale Kulturamt mit der Ausarbeitung eines neuen Projektes, wobei die Linienführung der linksufrigen Autostraße beachtet werden musste. Man dachte dabei daran, dass bei einem spätern Ausbau der Güterstraße in eine Durchgangsstraße die Arbeiten als eine Art Vorarbeit gelten und in die große Straße eingegliedert werden können.

Es wurde deshalb ein neues Projekt ausgearbeitet, das weitgehend die Linienführung einer linksufrigen Autostraße berücksichtigte, anderseits aber die langen Tunnels vollständig umging. Das Projekt von Dr. Ing. Ruckli galt als Grundlage, vor allem auch für den Bau der Galerie und der Brücken. Die Fahrbahnbreite wurde auf 3 m festgelegt, plus Bankette oder Längsschalen von je 30 cm Breite, total 3,6 m. Tunnels und Brücken erhielten eine Breite von 4 m (Fahrbahn 3,4 m). Bei allfälligen Lawinen- und Wildbachgängen sah man gepflästerte Furt vor. - Diese Güterstraße, die somit im offenen Gelände dem Trosse der linksufrigen Autostraße, in den Felspartien dagegen der Uferlinie folgt, um durchwegs das, Trasse "am Tag" zu haben, erhält nach Projekt eine Länge von 6321 Metern und rechnet mit einem Kostenvoranschlag van 2 500 000 Franken.

Dieses Projekt wurde vom kantonalen Oberforstamt, Abt. Kulturamt, anfangs April 1948 den Behörden eingereicht. Der Landrat hieß das Projekt in seiner Sitzung vom 26. April 1948 gut und beantragte der Volksabstimmung Annahme desselben, die Erteilung des zur Ausführung der Baute notwendigen Kredites von 2,5 Millionen Franken, sowie des Deckungsplanes. Das Urnervolk stimmte am 23. Mai 1948 mit 3997 Ja gegen nur 376 Nein dem Antrag z u, so dass schon am 26. Mai 1948 der Regierungsrat die Weiterleitung des Projektes an das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement beschließen konnte, zur Erhältlichmachung des schon an das Projekt von 1937/1938 zugesicherten Beitrages. Unterm 6. Juni 1948 wurde dieser Beschluss vollzogen. Nach eingehender Prüfung des Projektes durch das Eidg. Meliorationsamt, wobei noch Chefingenieur Alfred Strüby selig wohlwollend mitwirkte, wurde die Vorlage mit Beschluss des Bundesrates unterm 30. Dezember 1948 genehmigt, wobei allerdings die subventionsberechtigte Summe auf 2 Millionen festgesetzt wurde, bei einem Beitrag von 37,5 Prozent, im Maximum 750 000 Franken.

So stand die Lage für den Bau offen.

Das erste Baulos konnte bereits im April 1949 ausgeschrieben werden für die Strecke Seehof bis Acherli, 1553 Meter. Die Vergebung erfolgte an die Firma Viktor Gasperini, Altdorf, die am 6. Juni 1949 mit den Arbeiten begann und diese Ende November abschließen konnte. Die Kosten blieben innerhalb des Voranschlages von 293 000 Franken.

Das zweite Baulos wurde den Firmen Emil Baumann, Altdorf, Los IIA, und Josef Baumann, Altdorf, Los 11B, übergeben, mit dessen Bau im März 1950 begonnen wurde, so dass Ende Oktober die Arbeiten beendigt waren. Auch hier konnte innerhalb des Kostenvoranschlages von 400’000 Franken geblieben werden für die Strecke Acherli bis Engisort mit 1229 Metern.

Es konnte unverzüglich auch das Detailprojekt des III. Bauloses ausgearbeitet werden, für die Strecke Engisort bis Isleten, d. h. für 907 m, mit dem Kostenvoranschlag von 470’000 Franken, wobei der Bau der Steinschlaggalerie durch die Gand mit 102 Metern Länge und die Felspartie im Schild besondere Kosten verursachten. Die Arbeiten wurden den Firmen Emil Baumann, Altdorf, Los IIIA (inkl. Galeriebau mit Firma Josef Baumann Muheim, Altdorf), und Viktor Gasperini, Altdorf, Los IIIB, vergeben. Mit den Arbeiten wurde bereits im November 1950 begonnen, so dass sie Ende April 1951 beendigt waren und der durchgehende Verkehr Seedorf-Isleten und ins Isenthal nun offen steht.

Die Gesamtkosten für die Strecke von Seedorf (Seehof) bis Isleten (Talbach) d. h. für 4087 m Länge, waren im generellen Projekt zu 1 427 000 Franken berechnet, laut den Detailprojekten, unter Beachtung einiger Einsparungen, mit 1 163 000 Fr. Die Kosten werden sich auf rund 1 165 000 Franken stellen.
Damit ist das Tal der Isentaler dem großen Verkehr angeschlossen worden. Das Frühjahr 1951 bedeutet für diese Bergbevölkerung eine besondere Wende. Möge sie zum Wohl des Tales sein, dem Guten den Weg öffnen, aber allem, was fremd ist, auch fürderhin keinen Eingang gewähren.
M. Oe.

Freitag, 7. Mai 2010

Die Strasse ins Isenthal: Leidensgeschichte 1




Als Bärchi-Bewohner und -Liebhaber interessiert mich die Geschichte dieses Ortes und des ganzen Isenthals. Von Bauen über die Bärchi führte ein wichtiger, aber recht mühsamer Weg ins Isenthal. Der andere Zugang von der Isleten war nicht minder anspruchsvoll.So ist es denn nicht verwunderlich, dass seit dem 19. Jahrhundert immer wieder eine Fahrtrasse von Isenthal an den See geplant und dafür gekämpft wurde. Man kann von einer eigentlichen Leidensgeschichte sprechen. Michael Walker, ehemaliger Gemeindeschreiber von Isenthal, hat im Jahre 1991 versucht, diese Leidensgeschichte mit Dokumenten aus den Gemeindeversammlungen und dem Gemeinderat aufzuarbeiten und zu beschreiben. Mich persönlich berühren diese Dokumente des Ringens einer abgelegenen Gemeinschaft um den Zugang zur Welt und ich will sie daher auf diesem Blog auch andern Interessierten zugänglich machen. Lesen Sie mit Gewinn das folgende Kapitel aus Michael Walkers Buch:


ENTWICKLUNG DER VERKEHRSWEGE IM 20. JAHRHUNDERT
(aus: Michael Walker: Isenthal im Wandel der Zeiten 1840 – 1990, Gemeinde Isenthal 1991)

Planung und Bau der Isenthalerstrasse
Im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts kamen immer mehr der Wunsch und das Bedürfnis nach einer gut zu befahrenden Strasse an die Isleten auf. Es wurden die verschiedensten Pläne in Erwägung gezogen.

Dorfgemeinden 18. April und 15. Mai 1870
Ist erkannt, es soll eine Kostenberechnung und ein Plan für eine neue Strasse durch das Tobel gemacht werden und selbes wieder der Dorfgemeinde zum Entscheid vorgelegt werden.
Als Ausschuss wird gewählt: Alois Gisler, Johann Josef Aschwanden und Ratsherr Schieli.
Ferner ist erkannt, eine Strassenbreite von 14 Schuh (4,20 m) für die Tobelstrasse in die Kostenberechnung aufzunehmen.


Dorfgemeinde 11. November 1870
Ist erkannt, neuerdings vom Schwybogen durch die Güter und Tobel in der Höhe gegen Dimmerloch oder von der alten Strasse vom Birchistutz nach unten zu führen, je eine Kostenberechnung vorzunehmen.
Der Ausschuss wird um zwei Mitglieder erweitert; dazu sind gewählt:
Josef Infanger, Wirt, und Josef Gnos.


Die Anregung zur Projektierung einer Tobelstrasse soll von den Holzern ausgegangen sein. Ihnen schwebte eine Strasse zum Reisten direkt an die Isleten vor. Nach Überlieferungen war die untere Linienführung geplant vom Schwybogen dem Bach entlang durchs Ringli-Gumplig-Guetig (heutiger Standort der ARA), dann durch den Waldeinschnitt unter der jetzigen Strasse hindurch Richtung Tobelwald zum Dimmerloch, unterhalb des heutigen Wassertrogs, und von da direkt gegen die alte Brücke an der Isleten.
Die obere Variante war geplant vom Birchistutz unterhalb Vorderbirchi in Kehren gegen das Dimmerloch und von da weiter wie Variante 1. Die Projektwahl war ein wichtiger Entscheid und wurde deshalb in geheimer Abstimmung durchgeführt, was zu jener Zeit noch eine Ausnahme war.

Dorfgemeinden 1. und 14. April 1872
Ist erkannt, wegen der Strassen-Angelegenheit am Sonntag, 14. April, eine Extra-Dorfgemeinde zu halten und in geheimer Abstimmung zu entscheiden.
Stimmfähige Einwohner 159
davon für Verwerfung mit Nein gestimmt 157
leere Stimmzettel eingelegt 1
ungültig _ 1
also total 159
Vorschlag und Kostenberechnung einer neuen Strasse durch das Tobel, untere Linie als auch obere Linie, sind für einstweilen wegerkannt und nicht angenommen.
Ferner ist aber dem Gemeinderat der Auftrag erteilt, ein Gutachten an die Dorfgemeinde zu bringen, wie weit die alte Strasse solle verbessert werden.


Im Protokoll ist über den Kostenvoranschlag und die Begründung zur einstimmigen Ablehnung des Projektes nichts enthalten. Nach Überlieferungen sollen die Gefahren von Steinschlag und Eis und die Frage der Wintersicherheit als nicht zu verantwortende Risiken die Hauptgründe dafür gewesen sein.

Dorfgemeinden 3. August 1873 und 11. November 1876

Ist erkannt, zur Wiederherstellung der verruinierten Strasse mit einem Betrag von ca. 3000 Fr. zu rechnen; dafür soll man sich um einen Holzschlag an den grösseren Bezirksrat wenden. Inzwischen soll der Weg auf Kosten vom Dorf gemacht werden, dass Lit (Leute) und Vieh fortkommen.
Auf gestellten Antrag wegen der Strasse vom Fruttkäppeli gegen Seedorf ist erkannt, die Bezirksverwaltung anzuhalten, sie für Lit und Vieh zu fahren in einen sichern Zustand zu stellen.


Nach Verwerfung des Projektes Tobelstrasse bahnten sich langsam andere Überlegungen an, da die bestehenden Strassenverhältnisse stets unbefriedigender wurden. Zuerst wollte man die Planung einer neuen Strasse durch den Kanton ausführen lassen. Auf Kantonsebene wurden die Bedürfnisse der Isenthaler aber nicht als vordringlich eingestuft. Das illustrieren folgende Protokolle:

Dorfgemeinde 11. November 1893
Präsident Josef Gisler teilte mit, dass die Projektierung einer neuen Strasse bisher unterlassen worden sei.

Dorfgemeinde 20. Mai 1894
Auf einen diesbezüglichen Antrag des Gemeinderates betreffend Aufnahme eines neuen Strassenprojektes von der Baudirektion, welchen Auftrag diese vom Regierungsrat schon im Jahre 1893 bekommen und bis dato noch nicht vollzogen hat, so wurde beschlossen, dem Regierungsrat eine Beschwerde gegen die Baudirektion von der Dorfgemeinde aus einzulegen.

Mit Schreiben vom 26. September 1894 begründete Kantonsingenieur Müller die Verzögerung: Das Blatt Isenthal war erst am 6. September von der Landestopographie in Bem erhältlich, und sämtliche vorhandenen Vermessungsinstrumente waren beim Bau der Klausenstrasse eingesetzt worden. Laut Akten wurde nun eine Kostenschätzung von 217000 Fr. aufgestellt für eine Neubauvariante Isleten - Schiltegg - Fruttkäppeli, den teilweisen Neubau Fruttkäppeli - Birchi und einen Ausbau der bisherigen Landstrasse Birchi - Dorf mit Gefällausgleich. Als weitere Variante wurde für die 1870 geplante Tobelstrasse eine Kostenberechnung von 110000 Fr. erstellt.
Diese Vorschläge entsprachen den Vorstellungen der Isenthaler nicht. Sie ergriffen die Eigeninitiative und übertrugen die Strassenprojektierung dem Ingenieurbüro Wildberger in Chur.

Dorfgemeinde 11. November 1894

Der Strassenbaukommission wurde Auftrag und Vollmacht erteilt:
Mit einem tüchtigen Ingenieur zu unterhandeln und einen Detailplan aufnehmen zu lassen.
Die Gemeinde gewährt hiefür den nötigen Kredit aus der Dorfkasse in der Meinung, dass der Kanton eine Entschädigung leiste.
Anlage, Breite und Geflille sind von der Kommission auf Grundlage näherer Studien vom Ingenieur endgültig zu entscheiden.

Dorfgemeinde 25. August 1895

Das von Ingenieur Wildberger, Chur, erstellte Strassenprojekt Isleten - Isenthal wurde mit folgender Ausnahme ohne Gegenantrag angenommen:
Wenn es sich gestatte, sei beim Kropfbach die Strasse durch eine offene Kehre zu erstellen.


Das Projekt Wildberger kam in Isenthal gut an, mit Ausnahme des Felsenkehrs am Fuss der Hohenfluh. Projektiert war die Linienführung vom späteren Restaurant Isleten zum ersten Kehr, dann gegen die Hohenfluh und oben beim Kropfbach als Felsenkehr Richtung oberste Schlaufe gegen das Käppeli-Egg. Der heutige mittlere Kehr wäre dann ausgefallen. Gegen den Kehr im Felsen wehrten sich die Holzer, denn sie befürchteten dort einen zu engen Radius für den Holztransport, vor allem im Winter, wenn er mit Schlitten erfolgte. Um diesen Wintertransport von Holz zu verstehen, muss man schon das Fuhrwerken mit Schlitten miterlebt haben!

Nach Überlieferungen stand auch eine andere Variante im Gespräch, die nicht im Protokoll enthalten ist. Sie hätte vom Felsenkehr aus direkt nach Seedorf und nicht an die Isleten geführt, denn schon zu jener Zeit muss durch den Bau der Gotthardbahn ein Marktaufschwung Richtung Altdorf stattgefunden haben. Damit wäre auch eine längere Strecke zur Kantonsstrasse geworden und so eine grössere Beteiligung des Kantons an deren Bau und Unterhalt zu erwarten gewesen. Im Hintergrund war vielleicht auch die Sägerei Bolzbach (beim heutigen Kraftwerk) daran interessiert, deren Besitzer, namens Infanger, ein ehemaliger Isenthaler war. Da aber die Isleten nach altem Brauch und Recht Umschlagplatz war, wurde die Strasse schliesslich mit drei Wendeplatten Richtung Isleten gebaut. Projektiert war die Strasse bis hinter das Dorf Isenthal bzw. bis zum sogenannten Tosenden Stein' hinter der Sägerei.

Dorfgemeinden 9. Februar und 17. Mai 1896

Die Kostenverteilung und Vorlage betreffend der neuen Strasse Isleten - Isenthal, wofür sich in mehreren Konferenzen Abgeordnete vom hohen Regierungsrat, von Korporationsrat und Gemeinderat von hier besprochen haben und die Kosten der ganzen Anlage auf 160 000 Fr. veranschlagt sind, wovon die Korporation Uri 50%, der Kanton 30% und die Gemeinde 20% zu übernehmen hat, wurde mit den dazu in der Vorlage enthaltenen Verpflichtungen angenommen.
Die Strassenbaukommission, bestehend aus: Ratsherr Josef Gisler, Korporationsrat Alois Bissig und Gemeindepräsident Johann Infanger, wurde bis nach Vollendung des Strassenbaues bestätigt.


Das Projekt Wildberger bildete dann die Grundlage für den Antrag des Regierungsrates und des Landrates an die Landsgemeinde vom 3. Mai 1896, den Bau und Unterhalt der Isenthalerstrasse betreffend, welcher kurz zusammengefasst lautete:

1. Der Kanton übernimmt den Bau der Isenthalerstrasse. Baubeginn 1899, nach Vollendung der Klausenstrasse.
2. Die bauleitende Behörde hat das Recht, die Pläne veränderten Verhältnissen anzupassen unter Festhaltung am Zweck der Strasse, besonders in bezug auf Langholztransporte.
3. Der Kanton leistet einen Beitrag von 30%; das sind 50 000 Franken.
4. Die Bauleitung des Kantons führt die Strassenbaurechnung. Die Teilhaber verpflichten sich, laufende Einzahlungen zu leisten.
5. Die Gemeinde Isenthal hat die Expropriationen durchzuführen. Die Kosten gehen zu Lasten der Baurechnung und sollen im Maximum 10000 Franken betragen.
6. Die Korporation verpflichtet sich, den Allmendboden sowie Sand und Steine gratis abzugeben.
7. Der Kanton übernimmt den Unterhalt vom Kropfbach bis zur Kirche Isenthal.

Aus der ganzen Baubotschaft sei hier nur der Abschnitt II zitiert, der die damaligen Verhältnisse aufzeigt, wovon manches z.T. heute noch zutrifft:

"In Bezug auf die Begründung dieses Antrages sprechen wir uns vor allen Dingen dahin aus, dass die Strasse Isenthal - Isleten ein wohlbegründetes Bedürfnis zu befriedigen im Stande und für die Gemeinde Isenthal sozusagen eine Lebensfrage ist. Isenthal zählt 598 Einwohner und gehört seiner Bevölkerungszahl nach bloss zu den mittleren Gemeinden des Kantons, ist aber seinem territorialen Umfang nach eine der grössten und hinsichtlich der Nutzbarkeit von Grund und Boden eine der bedeutendsten Gemeinden von Uri, wird doch der Wert der Alpen, Wälder und Liegenschaften zu mehreren Millionen geschätzt. Die Abgeschlossenheit des Tales, die äusserst geringen Verbindungsmittel nach auswärts und die Abgelegenheit vom Verkehr wirken hemmend auf die Entwicklung der Land- und Alpwirtschaft und beeinträchtigen den im Tal rege betriebenen Holzhandel immer stärker und fühlbarer. Die Produkte der Landwirtschaft besitzen nicht den Wert, der ihnen gebührte, während die eingeführten Lebensmittel ungleich höher zu stehen kommen als an anderen Orten. Unter diesen misslichen Verhältnissen darf es niemand verwundern, wenn der ökonomische Stand der Bevölkerung im Rückgang begriffen ist, die Lust und Liebe zur Bewirtschaftung von Grund und Boden zu schwinden beginnt und die Auswanderung Dimensionen annimmt, die als ungesund bezeichnet werden müssen. Kann eine Strasse diesen Missverhältnissen auch nicht gründlich abhelfen, so wird sie dieselben doch ganz erheblich mildem, der Tätigkeit, der Regsamkeit und der Schaffensfreudigkeit der Bevölkerung wirksam Hilfe leisten sowie den Produkten des Tales einen grösseren und lohnenderen Absatz sichern. Dazu wird die neue Strasse das Isental auch dem Fremdenverkehr besser und vermutlich ausgiebig erschliessen, indem seine Höhenlage, seine reine und milde Luft, seine landschaftliche Schönheit und seine Alpen und Berge sowie der weltberühmte Urirotstock zu dieser Erwartung vollkommen berechtigen. Endlich darf noch darauf verwiesen werden, dass Isenthal die einzige Gemeinde des Landes ist, welche nicht an einem grossen Verkehrswege liegt."

Über die Baugeschichte sind in der Gemeinde sehr wenige Akten vorhanden, da die Bauleitung beim kantonalen Bauamt lag. Der Bauauftrag wurde an die Arbeitsgemeinschaft der Firmen Baumann Gebr., Toneatti und Stiefenhofer vergeben. Als Bauführer des Ingenieurbüros Wildberger zeichnete H. Steinegger. Der Baubeginn fiel mit der Jahrhundertwende zusammen und erfolgte 1899/1900.

Gegenüber dem Projekt wurden noch Ergänzungen verlangt: weiterer Radius in den Kurven, ein neuer Holzplatz beim Käppeli-Egg und Änderung der Abschrankungen. Ursprünglich war vorgesehen, runde Holzlatten durch dicke Holzpfosten zu führen. Am Schluss wurde anstelle der Holzlatten ein Eisengeländer angebracht, und anstelle der eingemauerten Holzpfosten wurden Granitsteine gesetzt.
Die grössten Schwierigkeiten hatte die Baukommission mit der Nobel AG, der Besitzerin des Areals der Sprengstoffabrik, auf dem auch der Landungssteg der Dampfschiffgesellschaft Vierwaldstättersee lag. Beim Neubau der Strasse war die Firma bestrebt, alle Lasten wie Wegrechte, Sust und Landesteg aus ihrem Areal herauszuhalten, angeblich aus Sicherheitsgründen. Darum sah das Projekt den Beginn der Strasse beim Magazin (Standort des späteren Restaurant Isleten) vor und verlegte Sust und Landesteg ebenfalls dorthin. Wie Probefahrten aber ergaben, konnte die Dampfschiffgesellschaft das Anlegen am neuen Landeort bei Föhnstürmen nicht garantieren. Isenthal musste diese Variante fallen lassen und verlangte weiterhin Sust und Landesteg am alten Ort. Nach langen Verhandlungen entstand die heutige Kompromisslösung:
Landungssteg abseits der Fabrik auf halber Strecke im Vergleich zur ersten Variante. Dafür musste sich die Sprengstoffabrik am Bau und Unterhalt der verlängerten Strasse sowie an der Bachkorrektion beteiligen.

Herr Landammann und Finanzdirektor Gustav Muheim schrieb am 7. Juni 1902 an den Präsidenten der Baukommission von Isenthal:
"Ich bin froh, dass die Geschichte endlich bereinigt ist. Habe in meinem Leben viel unterhandelt, aber noch nie so lästig und unangenehm. Habe übrigens gestern im Verwaltungsrat der DGV deutlich meine Meinung gesagt."
Diese Worte sagen mehr als lange Zitate aus den Verhandlungen.

Am 5. Oktober 1901 fand eine Besichtigung der im Bau befmdlichen Strasse durch die beteiligten Behörden statt. Der Bauleitung wurde der Dank für die bisher geleistete Arbeit ausgesprochen und die Bauunternehmung mit Ergänzungsarbeiten beauftragt, so u.a. mit der Erstellung eines Kehrplatzes beim 'Tosenden Stein'.
Da sich die Isenthaler für den Stand der Baukosten interessierten, verlangte der Gemeinderat am 4. Dezember 1902 von der Baudirektion Uri eine Teilabrechnung. Am 31. Dezember 1903 wurde daraufhin dem Regierungsrat eine Abrechnung der bis zum 31. Dezember 1902 aufgelaufenen Kosten vorgelegt:


Baukosten Fr. 229 683.50
Zinsen Fr. 11 107.85

Total Fr. 240791.35
(Kostenvoranschlag Fr. 160000.-)

Die Schlussabrechnung
über den Bau der Isenthalerstrasse wurde durch Landammann und Regierungsrat am 10. August 1906 in folgender Zusammenstellung genehmigt:

Landerwerb Fr. 10 000.--
Bauarbeiten Fr. 227 782.70
Bauleitung Fr. 20 503.85
Verbindungsstrasse Isleten Fr. 5 587.65
Strassenunterhalt Fr. 6 079.60
Diverse Ausgaben Fr. 1 933. --
Nachträge Fr. 31 627.20

Total Fr. 303 514. --


Kostenteilung :
Anteil Kanton Uri Fr. 83 680. -
Anteil Korporation Uri Fr. 131 757. -
Anteil Gemeinde Isenthal Fr. 88 077. --

Total Fr. 303 514. --

Als Mehrkosten wurden begründet: verbreiterter Radius bei den Kurven, tiefere Fundationen bei lockeren Felspartien, neuer Holzplatz vor Werkhütte Käppeli, Verlängerung der Strasse an der Isleten.

Nach einer langen Planungsphase und einer Bauzeit von ungefahr zwei Jahren waren die Baugeschichte sowie auch der Kampf der Isenthaler für eine gut zu befahrende Strasse als Anschluss des Tales an und über den See abgeschlossen. Die Naturgewalten liessen aber keine Ruhe aufkommen; sie rumorten im Berg gegen den Eingriff und forderten zu weiteren Kämpfen auf.



Kampf gegen Naturgewalten

Laut Gemeinderatsprotokoll vom 11. November 1905 wurde die neue Strasse zwischen dem unteren und mittleren Kehr auf allen drei Schlaufen durch einen Erdrutsch von ca. 150 m 3 gänzlich verschüttet. Es wurde eine Besprechung mit dem Kantonsingenieur angefordert. Als Vertreter der Gemeinde waren bestimmt: Ratsherr Josef Gisler und Waisenvogt Josef Walker.

Die Anbruchstelle befand sich ob der Strasse und verlief vom 'Heidenkehli' beim mittleren Kehr aufwärts bis zur damaligen kleinen Werkhütte beim Kirschbaum. Dadurch wurden die angerissenen Felsschichten zwischen den untern Strassenteilen abgedrückt und die Strasse im Bereich aller drei Schlaufen beschädigt und mit Schutt und Fels bedeckt. Die Verhandlungen verliefen 'harzig'. Der Kanton verlangte zuerst eine Expertise über die Ursachen der Erd und Felsrutschung und deren Sanierung. Am 8. Dezember 1906 forderte der Gemeinderat die Räumung und Freigabe der Strasse bis Frühjahr 1907. Der Regierungsrat beschloss am 19. Januar 1907, die Räumung erst nach Vorliegen der Expertise vorzunehmen. Diese wurde dann am 12. März 1907 vom Eidg. Oberbauinspektorat abgeliefert und kam zu folgendem Ergebnis:
Die Rutschung erfolgte oberhalb des ersten und zweiten Kehrs und verschüttete alle drei Strassenschlaufen. Am Anschnitt der steil gegen den See auslaufenden, mit Zwischen-Mergelschichten durchsetzten Felsbänke sind bei Wasserzudrang gefährliche Gleitflächen entstanden. Es empfiehlt sich, die Anrisse mit Mauern und Felssicherungen sowie mit Verflechtungen zu sichern.

Mit Beschluss vom 23. März 1907 war der Regierungsrat bereit, diese Arbeiten dem Bauunternehmer Toneatti zu übergeben und die Kosten über ein Extra-Kontokorrent zu bezahlen. Eine Kostenteilung wurde vorbehalten und die Korporation Uri zur Beteiligung eingeladen. Am 25. März 1908 ersuchte der Gemeinderat Isenthal die Korporation erneut um eine Kostenbeteiligung. Am 2. Juni 1908 lehnte diese aber einen Kostenbeitrag entschieden ab. Bezüglich des Strassenunterhalts stützte sich der Regierungsrat auf den Landsgemeindebeschluss vom 3. Mai 1896, ab Kehr ob Kropfbach bis zur Kirche sei der Unterhalt Sache des Kantons; nach Änderung des Trassees gelte dies vom obersten Kehr an aufwärts. Am 4. April 1909 fand wieder eine Aussprache mit der Baudirektion Uri statt betreffs Unterhalt der lsenthalerstrasse und Kostenteilung nach dem Fels- und Erdrutsch von 1905. Über das Ergebnis dieser Aussprache fehlen Angaben. Einigen Aufschluss darüber gibt uns ein Schreiben der Ersparniskasse Uri an die Gemeideverwaltung lsenthal, welches lautet:
Gemäss Beschluss des Regierungsrates vom 7. März 1914 belasten wir Sie auf neuen Contocorrent No. 393 Gemeinde Isenthal - Räumungsarbeiten an der Isenthalerstrasse - mit Fr. 9 638.85 val. 31. Dezember 1913.
Der Strassenunterhalt der Strecke vom Restaurant Isleten bis zur Mitte zwischen dem ersten und zweiten Kehr sowie ab Kirche Isenthal gegen das Grosstal erfolgte nun durch die Gemeinde Isenthal, während die dazwischen liegende Strecke durch das Bauamt Uri unterhalten wurde. Nach dem Bau der Güterstrasse Isleten - Seedorf wurde der Kantonsweg Engisort - Isenthalerstrasse aufgehoben, und der Kanton übernahm dafür die ganze untere Teilstrecke der Isenthalerstrasse. Dazu passt der Spruch: 'Staatsmühlen mahlen langsam, aber sie mahlen sicher .•

Wir haben über diesen Abschnitt ausführlich berichtet, weil es heute unglaubhaft scheint, dass die Räumung und Öffnung einer Gemeinde-Erschliessungsstrasse erst nach drei Jahren erfolgte. Zum Warentransport während des Verkehrsunterbruchs von 1905 ist nachzutragen, dass die Güter zum grossen Teil mit Nauen und Booten nach Engisort geführt wurden. Dann wurden sie auf dem alten Kantonsweg zur Isenthalerstrasse hinaufgetragen und von dort weiter mit Pferdefuhrwerken ins Isental transportiert.

Am 31. März 1963, um 18.30 Uhr, ereignete sich am Käppeli-Egg bei der sogenannten 'Balm' erneut ein Felssturz und zerstörte die Isenthalerstrasse im Bereich aller vier Strassenschlaufen. Durch diese Naturkatastrophe wurde die Gemeinde mit einem Schlag wieder in Grossvaters Zeiten zurückversetzt und war erneut auf den alten Fussweg durch die Kehren an die Isleten angewiesen. Ein solcher Verkehrsunterbruch traf wirtschaftlich die ganze Bevölkerung, besonders das Gewerbe.
Am 1. April 1963 erfolgte ein erster Augenschein mit Baudirektion und Kantonsingenieur. Am 2. April fand eine gemeinsame Sitzung des Gemeinderates und des Allmendbürgerrates statt. Dabei wurden folgende dringende Begehren an die Baudirektion Uri aufgestellt:

- Sofortige Abräumung der AbbruchsteIle und Erstellen von Notbrücken bei weggerissenen Strassenstücken,
- Versetzung der Hochspannungsleitung durch das EWA aus Sicherheitsgründen während der Abräumung,
- Führung von Extrakursen durch die SGV zu Zeiten, die den Bedürfnissen der Arbeiter und Bewohner angepasst sind.

Die Seilanlage vom Holzplatz Käppeli zum Holzplatz Isleten wurde umgehend von der Gemeinde Isenthal erstellt und diente in erster Linie für Personen und Warentransporte und zur Versorgung des Tales mit Gütern für den täglichen Lebensbedarf. Sie wurde auch der Abräumungsfirma Gebr. Amold AG, Bürglen, für Materialtransporte zur Verfügung gestellt.

Einen Einblick in die Stimmung unter der Bevölkerung gibt folgende Stelle aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 22. April 1963:


Präsident Infanger Heinrich gibt einen Überblick über die seit der letzten Sitzung unternommenen Arbeiten sowie Interventionen bei verschiedenen Instanzen und fügt bei: "Es muss leider festgestellt werden, dass es Bürger gibt, die sich zu unbeherrschten Ausdrücken hinreissen lassen. Wenn das Arbeitstempo nicht allen Wünschen entspricht, so ergibt sich das aus den naturbedingten Verhältnissen auf dieser Arbeitsstelle. Suchen wir weiterhin durch ruhige, zielbewusste Arbeit das auferlegte Los zu erleichtern!"

Das Konzept des Bauamtes Uri bestand darin, gleichzeitig mit der geordneten und sicheren Abräumung einen besseren Ausbau der Strasse vorzunehmen. Deshalb musste diese während der Felsräumung für den Verkehr gänzlich und während des Ausbaus teilweise gesperrt werden.
Demgegenüber verlangte eine Unterschriftensammlung in der Gemeinde Öffnung der Strasse und Verkehrsfreigabe ab 20. Juni 1963, mit Wiederbeginn der Arbeiten ab l. November. Der Gemeinderat konnte sich nicht auf die Seite der Initianten stellen. Bei einem Unterbruch der Arbeiten hätte die Gefahr einer 'ewigen' Baustelle bestanden. Der Allgemeinheit war mit einer laufenden Instandstellung und möglichst baldigen geordneten Verkehrsverhältnissen besser gedient, als wenn überall schnell etwas geflickt und nirgends fertige, solide Arbeiten ausgeführt worden wären.
Die Postkurse wurden am 30. September 1963 wieder offiziell aufgenommen. Damit waren die Verkehrsbehinderungen nach sechsmonatiger Dauer beseitigt, und die Gemüter beruhigten sich wieder langsam. Diese Naturkatastrophe hat einmal mehr gezeigt, wie die Bevölkerung eines Gebirgstales den Unbilden der Natur ausgesetzt ist, wirtschaftliche und gesellschaftliche Nachteile hinnehmen und mit ihnen leben muss.