Freitag, 14. Mai 2010

Blick auf die Bärchi




Was für ein Blick!! Direkt über dem Dampfschiff zeigt sich uns die Bärchi, von der Axenstrasse her gesehen.

Mittwoch, 12. Mai 2010

Uris Uhren gehen anders: Buchbesprechung



Heinrich Danioth: Betruf


Die Urner Uhren gehen anders
Modell einer traditionellen Welt?

Hierarchie
Anselm Zurfluh/Albrt Hauser; http://www.thesisverlag.ch/presse-uri.htm
12.5.10


"Es ist nicht verboten, die Gedanken in die Bergwelt schweifen zu lassen und sich der Ahnung hinzugeben, das Ur- und Inbild dieses kleinen Kreises sei in der Talgemeinschaft zu finden. Solch ungemein auf Sicherung des kleinen Menschenhäufleins bedachtes Fühlen müsse sich dort über Jahrhunderte genährt haben, dort wo der Einzelne ohnmächtig ist vor einer übermächtigen, kalten, grausamen Natur."
Karl Schmid schrieb diese Sätze in einer Studie über den kleinen Kreis. Anselm Zurfluh, der in Silenen beheimatete, in Frankreich lehrende Historiker, ist auf Grund des Quellenmaterials und einer reichhaltigen Literatur dieser Frage nachgegangen. Wie hat sich der kleine Kreis - gemeint ist hier Uri - unter Umständen und Verhältnissen, die sich seit dem 17. Jahrhundert veränderten, behaupten können? Gab es Dominanten, welche Leben und Existenz dieses Bergvolkes begrenzten und heute noch bestimmen?

Die Übermacht der Natur


Eine geographische Realität: Die Natur, das Klima, die Berge setzen, so wird im ersten Kapitel dargelegt, physische Grenzen. Steile Hänge - zum Wildheuen brauchte man seinerzeit zum Teil Steigeisen - erschweren und erschwerten die landwirtschaftliche Arbeit. Lange und schneereiche Winter bedrohten mit ihren Lawinen die Menschen und beeinflussten in nachteiliger Weise den Boden. Und nach den Schneeschmelzen kam es wiederholt zu grossen und verheerenden Überschwemmungen. Man denke an die Katastrophe vor wenigen Jahren. Zwar gibt es den Föhn, der unter anderem die Tiefebene von Altdorf erwärmt, aber im ganzen ist der Lebensraum knapp und die Natur feindselig.
Der Urner steht einem Raum gegenüber, den er nicht beherrscht. Um diese "überphysische Realität" auszudrücken, sprach er und spricht auch heute noch vom "Es". Das "Es" ist per definitionem etwas, das weder fassbar noch begreifbar ist. Schon Sigmund Freud hat vom "Es" gesprochen, und der Urner Arzt und Volkskundler Eduard Renner hat das Phänomen vor allem auch anhand der Urner Sagen exemplarisch beschrieben. Um sich gegen seine Übermacht abzuschotten und zu verteidigen, zieht der Mensch einen Schutzring, aus welchem die Macht des "Es" verbannt ist. So entsteht etwas wie ein heiliger Raum, in dem der Mensch dank gewissen Riten - man denke an den Betruf - dem "Es" Einhalt gebietet. Ein endgültiger Schutz freilich ist es, wie auch die Sagen lehren, keineswegs.
Was Herbert Lüthy in seinem Buch "Frankreichs Uhren gehen anders" ausgedrückt hat, könnte man teilweise auch auf die Urner übertragen. Auch die Urner Uhren gehen anders. Die Reformation hatte hier keine Chance, und die Französische Revolution bewirkte kaum eine Änderung der Grundeinstellung. Doch die Urner wussten sich auch zu behaupten. Im Zeitalter der Kutschen und des Säumerverkehrs profitierten sie vom Gotthardpass. Sie waren derart mit diesem Berg verbunden, dass eine Anpassung an neue Verhältnisse schwierig wurde. Der erste Zug wurde 1882 im ganzen Kanton Uri mit schwarzen Fahnen begrüsst.

Kinderreichtum

Einige demographische Komponenten: Weil eine Geburtenverhütung im grossen und ganzen fehlte, gelang es nicht, die Bevölkerungsdichte den Produktionsmöglichkeiten anzupassen. Das Volk verarmte, vor allem im 19. Jahrhundert, und hatte keine andere Wahl, als die von kantonsfremden Unternehmern eingeführte Industrialisierung anzunehmen. Doch Zusammenstösse zwischen der alten und der neün Welt waren fast programmiert. Aussenstehende bekunden Mühe, diese Mentalität zu begreifen. Ein Beispiel: Am Klausenpass verkauft ein kleines Mädchen Alpenrosen. Ein Automobilist steigt aus, um sie zu kaufen, aber er hat kein Kleingeld. Auch die Mutter, die an der Türschwelle des Hauses, umringt von einer grossen Kinderschar, erscheint, ist ausserstande, die kleine Note zu wechseln, denn Geld hat sie nicht. Der Autofahrer zu seiner Frau: Das ist das Resultat so vieler Kinder.
Tatsächlich, in Uri überliess man die Fortpflanzung dem natürlichen Zufall. Kinderzahl und Geburtenrate waren und sind höher als in andern Regionen. Allerdings nähert sich jetzt die Kinderzahl den Ziffern in andern Kantonen und Ländern. Aber die Geburtenrate ist immer noch höher als anderswo. Kinder zu haben, das war und ist etwas Schönes und Grosses, und es gehörte zur göttlichen Verantwortung. Auf der andern Seite war kinderlos zu sein ein Unglück. Die Wallfahrten von Ehepaaren ohne Kinder beweisen es deutlich. Doch die Urner praktizierten die Geburtenverhütung nicht deshalb nicht weil es an Mitteln fehlte, sondern weil sie dazu keine Beweggründe hatten. Sie wussten, dass Kinder mithelfen konnten, sie wussten aber auch, dass eine allzu grosse Kinderschar dem Wohlstand entgegenstand. Das hat denn auch prompt zur Auswanderung und zum Solddienst geführt.
Fast exotisch wirkt aus heutiger Sicht das "Himmeln". Es ist von einem aufgeklärten Reiseschriftsteller des 18. Jahrhunderts überliefert. Wenn Kinder krank wurden, hat man nicht immer die Hilfe der wenigen Arzte und Heilkundigen gesucht, sondern Messen lesen lassen, "auf dass sie bald sterben mögen". Und man vergoss, so der Aufklärer, keine Tränen: "Im Gegenteil, man freut sich, und es heisst: Du hast nun einen Engel im Himmel." Opfer einer Täuschung. Es ist vor allem falsch, das als Gefühllosigkeit zu deuten. Die Idee, so Zurfluh, dass ein totes Kind eine Wohltat sein könne, stammt im übrigen nicht von Pfarrherren und ist noch weniger die Einstellung eines unreflektierten Funktionalismus: "Es ist ganz einfach für die Bevölkerung eine geistige Hilfe, welche von der Kirche unterstützt und bejaht wurde."

Abhängigkeit

Dass auch in Uri die Heiratskreise klein waren, überrascht nicht. Ähnliche Feststellungen hat man auch in andern Kantonen - beispielsweise im Wallis - gemacht. Obwohl es nicht an Kontakten mit Fremden gefehlt hätte (Gotthardpass!), holten die Männer ihre Frauen fast immer im eigenen Dorf. So haben 70 Prozent der Familie Hänsler von Bürglen und Unterschächen zwischen 1920 und 1939 ihre Ehefrauen in einem Kreis von weniger als zwei Kilometern gesucht. Oft löste sich die Frage der Kindertauglichkeit einer Frau auf einfachste Weise. Führte der Kiltgang zu einer vorehelichen Empfängnis, sah man das keineswegs als Unglück an. Das Verhältnis wurde einfach durch die Heirat legalisiert. Die altüberlieferte Arbeitsteilung - der Mann arbeitet auf dem Feld und in der Werkstatt, und er arbeitet für die Politik, die Frau aber kümmert sich um die Kinder -, diese Arbeitsteilung wurde als natürlich und gottgegeben angesehen.
Die Untersuchung der ökonomischen Rahmenbedingungen (Landwirtschaft, Söldnerdienst, Transportdienst, Handwerk, Politik) ergibt für Zurfluh den Schluss, dass die Urner bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zum Teil von den Einkünften anderer lebten. Das wurde ihnen zum Verhängnis. Die Industrie und die Fabrikarbeit zu akzeptieren war ausserdem durch die Weltanschauung erschwert. Man wurde und wird ganz gern wohlhabend, ja reich. Gleichzeitig aber herrscht Misstrauen gegen spekulatives oder schnelles Verdienen. (Als Zurfluh sein Buch schrieb, gab es den Kings Club noch nicht. Erstaunlich ist es, dass sich so viele Urner beteiligten.)
Wie steht es mit der "Gleichheit" der Demokratie, den politischen Rechten? Antwort von Zurfluh: "In Uri hat jeder seinen gerechten Platz." Es gibt zwar ein Oben und Unten. Die Hierarchie wird keineswegs verurteilt oder abgelehnt. Wichtiger als diese Frage scheint die andere zu sein: Welcher Kirche und welcher Religion gehört man an? Nach wie vor ist die katholische Kirche mächtig und die Theologie für den Urner kein formelles Gedankengebäude. Des Urners Weltschau bleibt magisch, und man soll und kann auch das "Es" nicht aus der Welt schaffen. Hierin stimmen Volk und Kirche weitgehend überein. Das ist vielleicht ein Grund, weshalb es in Uri nur sehr wenige Hexenverfolgungen gab. Obwohl die Urner Gesellschaft in einem gewissen Sinn blockiert ist, kommt es nach Zurfluh zu keinen sichtbaren Zerreissproben. Die Urner Gesellschaft empfindet das, was anderswo als problematisch angesehen wird, als unproblematisch. In einem geschlossenen kulturellen System laufen alle Änderungen ohne allzu grosse Schwierigkeiten ab.
Kann, so fragt Zurfluh am Schluss seines Buches, das Urner Modell auf die Bergregionen der Schweiz übertragen werden? Ohne die Frage eindeutig zu beantworten, gibt Zurfluh doch eher zu erkennen, dass er diese Frage bejaht. Ob sich die traditionelle Welt in Uri selber zu behaupten vermag, wird die Zukunft lehren. Gewiss, es gibt zwei Pole, den Fortschritt einerseits und die Dauer anderseits. Es sind dies Pole, aber sie ergänzen sich und schliessen sich nicht aus. Welches Gewicht man diesen beiden Polen zumessen will, diese Frage mag jeder Leser für sich selbst entscheiden. Das Buch von Zurfluh kann ihm dabei helfen.

Montag, 10. Mai 2010

Die Aschwanden und die Bärchi



Ein Auszug aus der Aschwanden Familiengeschichte:



DIE BÄRCHI - DAS TOR ZUM ISENTHAL

Dank der besseren Lebensverhältnisse in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelten sich auch die Aschwanden-Stämme recht kräftig. In Bauen lebten beispielsweise um die 10 Familien der Generationen IV, V und VI aus BALZ, verteilt auf ca. 5 Heimstätten. Ähnlich lagen die Verhältnisse bei den Nachfahren aus ANDREAS. Beide Stämme scheinen zu Ansehen und Wohlstand gelangt zu sein. Der Balz-Stamm lebte bescheidener als Bauernstand, der Andreas-Stamm brachte mehr Handwerker hervor.

Im Folgenden bleiben wir auf den Spuren des BALZ, unter Berücksichtigung auch des ANDREAS-Stammes, soweit eine Beziehung zu Isenthal bestand........

Da auch im kleinen Bauen Platz und Ausdehnungsmöglichkeiten beschränkt waren, stellte sich in der VI. Generation wiederum das Problem einer Abwanderung. Während sich im Zuge der ersten Wanderbewegung in der III. Generation erst die Aschwanden-Stammväter der 'Greter' und 'Küfer' im Isenthaler Grosstal niedergelassen hatten, bevorzugten die meisten übrigen die Übersiedlung in andere Seegemeinden. In der VI. Generation bot sich nun zunehmend das schwach besiedelte Isental an, das durch die 'Landstrass' bzw. den Alpweg über die Bärchi erschlossen war.

So wurden die Bärchigüter (untere und obere, hintere, mittlere, äussere oder vordere) zu einem Anziehungspunkt und damit auch zum Tor ins abgeschlossene Isental. Deren Wohnlage mit Blick auf den Urnersee ist nach wie vor einmalig. Nicht nur das Geschlecht der ASCHWANDEN gelangte auf diesem Wege nach Isenthal, sondern u.a. im 17. Jahrhundert von Sisikon via Bauen auch die INFANGER und im 18./ 19. Jahrhundert aus dem Schächental der Stamm der GISLER.

Das typische Beispiel einer stark gewachsenen Familie stellt die Situation auf der Reesti in Bauen dar, dem Stammsitz der grossen Bauer- und Isenthalerlinien aus BALZ. Um 1740 wohnten unter dem gleichen Dach der Grossvater KARL ROMAN 1664-1749, mit seiner zweiten Frau sowie die Eltern JOH. JOS. REMIGlUS 1698-1753, 1720 mit Anna Zwissig (1701-1761), mit 7 Kindern, geboren zwischen 1721 und 1737. Joseph Remigius war ein angesehener Mann, 'des Rats' und Kirchenvogt, der mit 55 Jahren tödlich verunglückte. Laut dem Sterbebuch Bauen "fiel dem Ratsherrn Jos. Remigius Aschwanden am 26. Februar 1753, während er in einem Schiffchen nahe bei der Isleten der Arbeit oblag, ein Stein so unglücklich auf den Kopf, dass er augenblicklich entseelt liegen blieb"......

- NIKOLAUS (1727-1800, verheiratet 1751 mit Verena Infanger, von Bauen, und 1797 mit Wwe. Maria Anna Zurfluh, von Seedorf, lässt sich im Gurgeli in Bauen nieder. Es handelte sich dabei um ein grosses Wohnhaus, dem später noch eine Mosttrotte angebaut wurde. Im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts entstand dann an der Bachmündung noch eine dazugehörige Sägerei samt Rossstall. Die Gurgeli-Besitzer wurden Mitte des 19. Jahrhunderts ebenfalls Eigentümer der Unteren Bärchi.

- KARL ANTON 1730-1790, ehelicht 1756 Elisabetha Aschwanden und 1777 Agatha Huber, von Isenthal, und wird Besitzer des Stöckli in Bauen. Von seinem Sohn ANDREAS dem 'Stöckli - Res', stammen wiederum drei Söhne ab, deren Nachkommen nicht nur in Bauen, sondern auch in Seelisberg, Seedorf und Unterschächen zu finden sind.

Der zweitälteste und der jüngste Bruder verlassen das Dorf am See und ziehen Richtung Isenthal.

- JOHANN 1737-1819, heiratet 1763 in Isenthal Martha Agatha Arnold und erwirbt die Hinterbärchi. Diese Familie wächst auf 2 Knaben und 5 Mädchen an. Johann amtet als Kirchenvogt und wird der Stammvater der 'Hinterbärcheler', die allerdings in der IX. Generation aussterben.
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- FRANZ JOSEPH 1724-1778, vermählt sich 1755 in Isenthal mit Maria Ursula Gnos. Die Mittlere Bärchi wird ihr Wohnsitz, wo sie 8 Kinder, 5 Knaben und 3 Mädchen, grossziehen. Zwei davon sind schon auf der Welt, als 1759 auf der Bärchi ein Brand ausbricht, der mehrere Häuser gefährdet, jedoch glimpflich abläuft. Noch heute erinnert ein Votivbild in der Pfarrkirche Isenthal an jenen Schreckenstag. Das Unglück wird darauf so geschildert: "Ist eine Brunst entstanden auf der Bärchi, allwo Franz Jos. Aschwanden u. Frau Maria Urschel Gnoss, durch anruffen der hl. Agatha ist erhört worden."




Auch Franz Joseph ist, wohl als Vorgänger seines Bruders Hans, Kirchenvogt. Er hat aus den 5 Söhnen eine grosse Nachkommenschaft, die hauptsächlich das noch dünn besiedelte Isental bevölkern wird. Er stirbt 54-jährig als angesehener Mann, wovon auch das grosse Leichengeleite zeugte. Den Nachkommen hinterlässt er nebst dem Bärchigut auch die im Grosstal gelegene Hintere Bodmi, die aber wohl noch nicht ganzjährig bewirtschaftet wird.

Bei Franz Josephs Tod an Weihnachten 1778 sind die Kinder zwischen 2 und 22 Jahre alt. Die Söhne scheinen ebenfalls initiativ und unternehmend gewesen zu sein, machen sich doch alle um 1790 herum selbständig und erwerben eigene Heimwesen. Die Ehen dieser VII. Generation fallen in die schwierige Zeit zwischen 1779 und 1798. Drei Söhne und die Tochter URSULA lassen sich in Isenthai nieder, zwei Töchter, MARIA ANNA und MARGRITHA, heiraten nach auswärts. Von ihnen ist sonst nichts Näheres bekannt.

- DerBärchi treu bleiben JOST 1760-1835, wie auch der jüngste Bruder, JOSEPH MARIA 1773-1848. Sie bewirtschaften zusammen die Mittlere Bärchi und sind 1792 auch im Besitz der Ausseren Bärchi, die von Joseph Maria nach der Familiengründung l797 übernommen wird. Beide Brüder verlieren ihre erste Frau und gehen mit über 60 Jahren noch eine zweite Ehe ein.

Der Sohn JOST und die Tochter MARIANNA bleiben auf der Mittleren Bärchi, sind ledig, sehr angesehen und wohlhabend.
JOSEPH MARIA auf der Ausseren Bärchi hat aus der 1. Ehe mit Wwe. Agatha Huber 4 Töchter und den Stammhalter JOHANN JOSEPH welcher im Isenthal die Linie der 'Wätzliger' begründen wird. .......“



Auszug aus: Aschwanden Familienchronik von 1600 bis 2000, Hedwig Kleiner-Aschwanden, Meilen 2001, Gamma Druck und Verlag AG, Altdorf, Seiten 25 bis 27

Wohnbauten in Isenthal: Das Bärchihaus



WOHNBAUTEN IN ISENTHAL

ALLGEMEINES

Während der Bestand an alten Wohnbauten bis zu den beiden ersten Dritteln des 18.Jh. gering ist, haben sich aus dessen letztem Drittel eine Anzahl Häuser erhalten, die auch ihre innere Struktur bestens überliefern. Grundsätzliches über den alten Isenthaler Wohnbau hat sich daher vorweg auf diese Gruppe abzustützen. Das Isenthaler Haus besteht zum größtmöglichen Teil aus Holz, an erster Stelle bedingt durch den dortigen Holzreichtum. Ursprünglich wurde nur gerade der Kellersockel in Stein gemauert, die Umfassungswände der Obergeschosse ausschließlich, auch im Küchenteil, in Holz errichtet. Seit dem späteren 18. Jh. hat man den Wandabschnitt hinter der Feuerstelle, bloß in der Breite der Herdplatte, als schmalen Mauerstreifen im Küchengeschoß gemauert. Selbst die Kamine waren aus Holz gefertigt. Noch ausschließlicher war die Verwendung von Holz beim Gadenbau. Bis weit ins 19. Jh. hinein pf1egte man auch dessen Unterbau in Holz zu errichten und nur auf ein niedriges Mauerfundament zu stellen. Wegen des großen Holzbestands setzte auch die Ziegelverwendung für Wohnhausbedachungen spät und zögernd ein.

An den Wohnbauten des späteren 18. Jh. fallen die stattliche Breite wie Tiefe auf. Es sind ihnen in der Regel Vorlauben angefügt, und oft kragt an Stelle der einen ein Kammerbau aus; zumeist ordnen sich daher über den geräumigen Stube und Stübli drei Vorderkammern an. Zudem ist im Dachgeschoß eine Firstkammer üblich. Auch die Seitenfronten erscheinen stark befenstert, besonders im hintern Gebäudeteil; die Rückfronten dagegen sind fast öffnungslos. Mit Vorliebe ist ihnen in ganzer Fassadenbreite ein Holzschopf-Anbau zugefügt. Das Dach kennzeichnet - gegenüber den eigentlichen Tätschdachhäusern - eine mäßige Steilheit (Dachneigung durchschnittlich gegen 40°). Sein ausgeprägter Giebelvorstand ruht auf kräftigen, zumeist roßkopfgezierten Balkenkonsolen. In der Grundrißstruktur zeigt sich eine Tendenz zur Gangbildung zwischen Vorder- und Hinterhaus, als häufigste Variante ein kurzer Gangabschnitt im Hauseingangsbereich, bedingt durch den Einbau eines Speichers; die Küche nimmt dann wieder die ganze Tiefe des Hinterhauses ein. Bei größer bemessenen Bauten liegt die Küche in der Mitte zwischen Speicher und Kammer. Sie öffnet sich nicht ins Obergeschoß, ist bereits mit einer Decke versehen. Die große Gebäudetiefe erlaubt im Obergeschoß die Anbringung zweier ansehnlicher Kammern auch im Hinterhaus (traufseits). Gelegentlich treten bescheidene Kerbverzierungen auf.

Hervorstechend ist die große Farbenfreude, in welcher die Isenthaler ihre Häuser im späten 18. und im frühen 19. Jh. ausdekorierten. Wiewohl die farbige Bemalung dem damaligen Zeitgeschmack entsprach und auch in Nachbargemeinden des Seebereichs gerne angewendet wurde, bleibt die Intensität der Beziehung zur Farbe im Isenthal außergewöhnlich. Haupttöne bilden die Dreiklänge Weiß-Gelb-Rot oder die Variante Weiß-Grün-Rot. Die Ausschmückung des Äußern gilt vorweg den Fensterbereichen. An den Seitenfronten wird die Fensterzierverkleidung sogar bloß illusionistisch hinzugemalt. Auch im Innern, an malerisch verzierten Decken und Türen, an Buffets und Truhen, wird diese besondere Affinität zur Farbe ablesbar. Die grün glasierten Kachelöfen wurden im 18. und im früheren 19. Jh. zumeist von den Hafnern in Gersau bezogen.


EINZELBAUTEN


2. Mittlere Bärchi (Hausberchi).
(Ältere Schreibweise: Berche.) Am äußersten Ende des Tals am Weg nach Bauen, Über dem Urnersee. Erste Erwähnung als Wohnsitz: um 1650 im Besitz von Levin Infanger. 1759 Nachricht von einem schweren, jedoch glimpf1ich verlaufenen Brand. Über erstem Wohngeschoß Vordach, Lauben, Firstkammer. Fein bearbeiteter und profilierter Firstbalken, Pfettenenden mit Roßkopfzier, einseits dornhaft verzogen. An traufseitiger Eingangsfront Stubenfenster mit aufgemalter Zierverkleidung, rot-weiß-grün, mit Datum 1838. Inneres. Nach Eingangstür schmaler, kurzer Gangabschnitt, gegen das «Hinterhaus» Kammereinbau. Zwischen Kammerende und Küchenwand traufparallele Treppe ins Obergeschoß. Stube mit Türen des spätesten 18. Jh. Decke mit flachen, annähernd quadratischen Feldern, kunstvoll ausgesägte Füllungsecken, spätes 18. Jh. Buffet in Nußbaum, sparsam gesetzte Ziermotive in Einlegearbeit, dat.: «17 IHS 91», links von Stern, rechts von Marienmonogramm begleitet. Im Stübli «Gänterli» mit den entsprechenden Zierformen. Ein grüner Kachelofen wegen Schadhaftigkeit ausgebaut, Kacheln als Stübliwandverkleidung erhalten. Haus möglicherweise vor dem letzten Drittel des 18.Jh. erbaut.



Auszug aus: Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri Band II Die Seegemeinden; Helmi Gasser; herausgegeben von der Gesellschaft für schweizerische Kunstgeschichte Bern, Birkhäuser Verlag Basel 1986, Seiten 307 - 309

Sonntag, 9. Mai 2010

Isenthal und Bärchi in der Franzosenzeit 1799


General Suworoff auf dem Gotthard (Zeitgenössische Darstellung)

In seiner eindrücklichen Zeitzeugenschilderung der turbulenten Zeiten von 1798 bis 1803 im Kanton Uri, vermag uns Karl Franz Lusser die schrecklichen Zeiten nahe zu bringen. Da er eindeutig aus der Position der „alten Ordnung“ berichtet und auch polemisiert, kann ich gut nachvollziehen, wie auch heutige Gesellschaften, denen eine Ordnung von aussen auferlegt wird, nie zur Ruhe kommen und wie das Leben der EinwohnerInnen von Terror, Angst, Hunger, Armut, Rechtsunsicherheit und Ungewissheit geprägt ist. (Afghanistan kommt mir als aktuelles Beispiel immer wieder in den Sinn)

Bezeichnend ist der Anfang des ersten Kapitels
(Vorboten der Revolution von 1789 bis 1798)

„Der Saamen, den Afterphilosophen und gottvergessene Religionsspötter so frech und so reichlich ausgestreut hatten, ging in Frankreich besonders als üppiges Unkraut auf und trug immer reichlichere Früchte, so zwar, dass es zum guten Tone, zur feinen Bildung ghörte, das Christenthum, und besonders die katholische Religion und ihre Einrichtungen und Gebräuche zu verspotten und lächerlich zu machen, und die Priester der Religion zu verachten und ihre Pflichten als Anmassung, als Störung menschlicher Glückseligkeit zu verschreien........“


Zweimal schildert Lusser Episoden, in denen Isenthal vom Krieg betroffen wurde. Am Ende erschien es den französischen Heerführern offensichtlich sinnvoller, eine „ehrenvolle Capitulation“ zu vereinbaren, als auf diesem Nebenschauplatz unnötig Ressourcen zu verschwenden. Und so können sich die Isenthaler in Erinnerung an diese Tage einwenig als „Helden“ fühlen.
Hier folgen nun die beiden Schilderungen:


Neuntes Kapitel
Des Bauernkriegs Anfang: Vertreibung der Franzosen aus Uri (1799)
(Seiten 112 und 113)

„....die meisten fielen noch in der Nacht oder früh am Morgen den Bauern in die Hände, welche Gefangene und Verwundete in das Kloster brachten. Unter ersteren war auch Grenadierhauptmann Dupin, den einige durch den ersten glücklichen Erfolg toll gewordene und wuthentbrannte Schreier nebst andern Gefangenen sogleich niederhauen wollten, allein der ernsten Fürsprache des Herrn Landammann Jost Müller, dem sich mehrere menschlicher gesinnte Landleute anschlossen, gelang es, die Schandthat zu verhüten und die Nonnen verpflegten diese Unglücklichen mit ächt christlicher Liebe. Mehrere schwer verwundete Franzosen hauchten da ihren Geist aus, nachdem sie, gerührt durch die Teilnahme des seeleneifrigen Pfarrers Imhof, aus dessen Hand noch die heiligen Sterbesakramente empfangen – eine Gnade, die ihnen in der revolutionirten Heimath damals kaum zu Theil geworden wäre.

Gleich nach dem Gefecht bei der Brücke zu Seedorf war ein des Pfades wohl kundiger Mann von Bürglen, Franz Arnold, Emmeter Franz genannt, in das Isenthal geeilt; von Schweiss triefend, kam er mitten in der Nacht im Birki, der zunächst liegenden Wohnung dieses Thales an, warf den noch blutigen Säbel auf den Tisch, erzählte kurz, was vorgefallen und verlangte, dass schnell die Anhöhe bei der Fruttcapelle besetzt werde, um den Franzosen, welche diesen Rückweg suchen könnten, diesen zu verwehren. Dies geschah in möglichster Eile, und wirklich graute kaum der Tag, so erschien ein Trupp Franzosen; mit Schüssen und Steinen wurden sie in diesem gefährlichen Engpass empfangen und grossentheils gefangen genommen. Zwei davon suchten über Felsabhänge zu entkommen, wo nur wenige Eingeborene zu klettern gewagt hätten, so gross war ihr Schrecken vor den erbitterten Bauern; aber nur einem gelang es, die Isleten zu erreichen, der andere fiel zu Tode. Ein gefangener Officier ging sodann an eben diesem Morgen, von Bauern begleitet, den ganzen Wald entlang, die Versteckten hervorzurufen und bald da, bald dort trat einer aus dem Dickicht hervor; aber einige, entweder weil sie diese rufende Stimme nicht hörten oder nicht erkannten, oder keinen Pardon erwarteten, kamen erst am dritten oder vierten, ja ein Wachtmeister erst am fünften Tage, von Hunger getrieben, blass und entstellt aus dem Verstecke. Einige solche Versprengte hatten sich schon den ersten Abend beim weissen Haus nahe er Reussbrücke zu Attinghausen wieder gesammelt, wurden aber am folgenden Morgen früh von einigen Bauern angegriffen, geworfen und im Ruberst zu Gefangenen gemacht; auch diese konnten nur mit Mühe von den menschlicher Gesinnten vor wildem Abschlachten gerettet werden. Sie wurden zu den übrigen anch Seedorf abgeführt, von wo dann alle zusammen folgenden Tages nach Bürglen gebracht und in dem alten Thurme nahe der Tellscapelle eingesperrt wurden.....“




Zehntes Kapitel
Wiedereroberung Uri’s durch die Franzosen (1799)
(Seite 131)

„......Inzwischen hatten die Männer von Isenthal ihr stilles Tälchen mannhaft verteidigt und mehrere Angriffe, welche Waadtländer von Bauen aus gegen die Bärki unternahmen, blutig zurückgewiesen. Endlich unterhandelte Pfarrer Imholz im Namen der tapferen Thalschaft und erhielt eine sehr ehrenhafte Capitulation, gemäss welcher sie selbst die Waffen behalten durften..........“



Auszug aus:
Leiden und Schicksale der Urner während der denkwürdigen Revolutionszeit, vom Umsturz der alten Verfassung im Jahre 1798 bis zu deren Wiederherstellung im Jahre 1803
Zum Andenken für seine Mitbürger aufgeschrieben von Dr. F. Lusser (Karl Franz Lusser),
Mitglied mehrerer gelehrter Gesellschaften, Altdorf, Druck und Verlag von Franz Xaver Z’graggen 1845

Faksimile-Neudruck der Originalausgabe von 1845 mit Geleitwort und erläuterndem Namen-register. Herausgegeben von der Kantonsbibliothek Uri. Räber Verlag Luzern und Stuttgart.
Separatdruck der 11./12. Jahresgabe der Kantonsbibliothek Uri 1964/65. Redaktion: Hans Schuler, Staatsarchivar, Uri

Walter Hauser: Der Dichter als Kaplan in Isenthal 1928




Walter Hauser, der sensible und stille dichtende Urner Pfarrer, war in unserer Familie ein "Heiliger", eine Persönlichkeit von ungeheurer moralischer und kultureller Autorität. Meine Grossmutter, eine seiner grossen Verehrerinnen, schenkte mir jeweils zu Weihnachten das aktuellste Bändchen von Walter Hauser. Einen ganz besonderen Bezug habe ich zum ersten Band "Stufen zum Licht", der fast ausschliesslich in den Jahren 1928/29 in Isenthal entstanden ist. Im untenstehenden Auszug zitiere ich daraus zwei Gedichte und einen Auszug aus Hausers Selbstbiografie, in der er die Zeit als Kaplan in Isenthal schildert. Von der Bärchi aus können wir direkt nach Sisikon blicken, dem Hauptwirkungsort des späteren "Dichterpfarrers von Sisikon".


Primiz
O Morgen!
Bist du der Himmel,
dass du so voll Licht bist?
Ein Meer von Lilien,
dass du so voll Duft?
Ein Tod,
dass du so voll Tränen?

Ich ziehe an
das Schultertuch der Kraft,
die Albe blühender Reinheit,
den Gürtel siegreicher Zucht,
den Manipel helfender Liebe,
die Stola freien Gehorsams,
das Gewand der Freude,
der Freude!

O Morgen!
Bist du der Himmel,
dass du so voll Licht bist,
voll Jubel bist,
voll Gott bist?



"Vier Wochen nach der Primiz folgte ich einer Einladung von Frau Egger-von Moos in ihr Hotel auf der Frutt, Obwalden. Dort las ich auf einem Bänklein im Freien vor ein paar Damen zum erstenmal in meinem Leben aus meinen Gedichten vor. Die Damen waren höflich und geduldig.

Ein Seminarjahr nach der Priesterweihe, das vierte Studienjahr nach der Matura, vollendete meinen Studiengang. Wohin nun? In zuvorkommender Weise fragte mich Regens Gisler, der unterdessen mit der bischöflichen Würde ausgezeichnet worden war, was ich vorzöge: Lehrtätigkeit an einem Gymnasium, weitere Studien, ein paar Vikarjahre in Zürich, oder Seelsorge in einem stillen, innerschweizerischen Dorf. Ich wählte ohne Bedenken das letzte. Ich würde mich heute nicht anders entschliessen.

Einige Wochen später wurde ich auf die Regentie berufen: «Hätten Sie Lust, als Pfarrhelfer und Sekundarlehrer nach Isenthal zu gehen?» - «Isenthal? Wo ist das?» - «Das ist ein hochgelegenes, stilles Bergdorf am Urnersee. Das würde Ihrer Gesundheit gut tun.»

Am 15. August 1928 stand ich zum erstenmal auf der Kanzel von Isenthal, und im Oktober übernahm ich die frischgegründete Sekundarschule. Die Leute und der Pfarrer hatten Geduld mit dem jungen, offenbar etwas unpraktischen Kaplan, und ich plagte mich ehrlich und hart mit der Schule. Ich war für das Lehrfach nicht vorgebildet. Die Schüler kamen bestimmt zu kurz; aber ich glaube, die einen oder andern lernten wenigstens einen richtigen deutschen Satz zu schreiben. Ich wohnte im Pfarrhaus, und sowohl der Pfarrer wie die Pfarrhaushälterin gaben sich alle Mühe, mir ein Heim zu bieten. Nur der kleine, schwarze Hund wollte sich an mein Klavier, das einzige im Tal, nicht recht gewöhnen. Ich litt bisweilen sehr unter der Stille des Tales; aber ich hatte ja den Altar, das Klavier und den Schreibtisch. Ganz in der Nähe des Dorfes blühten ganze Wälder von Spiräen und vereinzelt auch Alpenrosen. Im Isenthal schrieb ich die meisten Gedichte der «Stufen zum Licht». Ich dachte aber nicht daran, sie zu veröffentlichen.
Ein Gedicht aus jener Zeit mag sagen, wie schwer es mir bisweilen fiel, mit der Einsamkeit fertig zu werden."


Dämmerung
Ich sitze im Abend.
Der Einsamkeit Purpur fällt über meine Knie,
wächst Über meinen Fuss,
fliesst Über fernste Strassen der Sehnsucht.

Meiner Seele scheuer Vogel singt auf meiner Schulter
Lieder voll süsser Traurigkeit
und kost meine Schläfe.

Denn nach einer Kosung hungert der Mensch.

Doch meine Mutter ist fern
und hört mich nicht.
Und mein Freund ist ertrunken
im dunklen Meer der Welt.

So sitzt der eigenen Seele scheuer Vogel
auf meiner Schulter
und kost meine Schläfe.


"Es fiel mir dann doch schwer aufs Herz, als ich nach zwei Jahren das Schulzimmer in Isenthal verliess, um als Vikar des erkrankten Pfarrherrn und bischöflichen Kommissars nach Altdorf zu ziehen. Als ich die Pfarrhausglocke von Altdorf zog, bekam ich durch das Fenster Bescheid, der Herr Kommissar sei soeben gestorben, und man habe nun für mich keine Verwendung. Ich wurde dann aber doch eingelassen, und ich konnte einen Monat lang in der Seel. sorge des Kantonshauptortes aushelfen. –

Unterdessen ging ein Törein auf. Die benachbarte Pfarrei Bürglen suchte einen Kaplan. Ich durfte mich im wundervoll romantischen Pfarrhaus von Bürglen vorstellen, und eine offenbar optimistische Empfehlung des aus Bürglen stammenden Weihbischofs Gisler beseitigte die Bedenken, einen Nicht-Urner zum Kaplan im TeIlendorf zu machen. Ich wurde gewählt, und am 4. Oktober 1930, meinem 28. Geburtstag, zog ich ein. Der Posten war mir ganz auf den Leib geschnitten. Da war ein weitläufiges Bauerndorf mit einer stilvollen, freilich renovationsbedürftigen Barockkirche, mit zwölf Kapellen, einem warmherzigen, zugänglichen Volk und einem für mich geradezu idealen Pfarrer. Er war ein geistig und körperlich noch sehr beweglicher Siebziger voll Geist, Wärme und Humor, von rührender Anspruchslosigkeit und mit ganz erstaunlichen Kunstkenntnissen. Sein Haus war ein Museum voll kunstgeschichtlicher und volkskundlicher Kurzweiligkeiten. Darunter befanden sich Werke von hohem Wert, die von Pfarrer Julius Loretz vor der Zerstörung bewahrt worden waren. Allabendlich sassen Pfarrer und Kapläne im Pfarrhaus oder auf einem Bänklein an der Feldgasse beisammen, und der Pfarrer nahm nach einem eigenen, umständlichen Rituale bisweilen eine gehörige Prise seines braunen Schnupftabaks, und es war auch ohne Jass nie langweilig. Freilich, literarische Neigungen besass Pfarrer Loretz nicht, obschon er einen ungewöhnlich kurzweiligen Stil schrieb.
Unterdessen war gelegentlich einer meiner Verse in fremde Hände gekommen, und man drängte mich, ein Bändchen in die Oeffentlichkeit zu geben. Ich stellte also zusammen, was mir geeignet schien, und suchte einen Verleger. Niemand wollte es wagen. Schliesslich erbarmte sich der Deutschlehrer am Kollegium Stans, Dr. P. Leutfrid Signer, schrieb eine eingehende Besprechung der Gedichte und bewog den Verlag Räber, Lnzern, die Herausgabe zu wagen. Direktor Job am Studio Zürich begrüsste das Bändchen mit hohem Lob, Peter Dörfler schrieb eine kurze, ausgezeichnete Besprechung, die heute wie eine Prophetie aussieht, und P. 1. Signer meldete das Bändchen mit einem ausführlichen Artikel in der «Schweizerischen Rundschau» an. Das Tor war aufgestossen. Für meine nähere Umgebung bot das Anlass, mich zu allen möglichen Arbeiten einzuladen: Sprechchöre für Landesfeiern, Gedichte für Hochzeiten, Primizen und Jubiläen, Sprüche für Trauerandenken. Viele davon schrieb ich in schlechtem Urnerdialekt, aber ich wusste, dass sie dann doch richtig aufgesagt wurden. Mein Pfarrer sah den früh blühenden Lorbeer seines Kaplans ohne Neid, wenn auch wahrscheinlich mit allerlei berechtigten Bedenken. Er sagte kaum ein Wort darüber."



Aus: Alfons Müller: Eine Einführung in das Werk von Walter Hauser. Mit einer Selbstbiografie des Dichters; Kantonsbibliothek Uri 5. Jahresgabe 1958

Bärchistrasse: Der alte Kantonsweg wird Fahrstrasse






Die Bärchistrasse


Die Bärchistrasse war das erste Bauvorhaben, das unter der Allmendbürgergemeinde bzw. durch den Allmendbürgerrat ausgeführt wurde. Früher gehörten die Bärchigüter dank ihrer Lage am alten Kantonsweg Isenthal - Bauen zu den besterschlossenen der Gemeinde. Nach dem Bau der Gross- und der Kleintalstrasse waren dann aber die Bärchenen die einzige Region, die nicht durch eine Fahrstrasse erschlossen war, denn der alte Kantonsweg, zugleich auch Alpweg von Bauen nach den Isenthaleralpen, war nur ein Fussweg. Die Erschliessung durch eine Güter- und Waldstrasse wurde immer mehr zu einer öffentlichen Forderung.

Allmendbürgerrat 9. Mai 1943
Der geplante Bärchiweg, dessen Trassee vom Haltenhaus bis Acherli ausgesteckt ist, hat eine Steigung von 12%. Mit den Besitzern der Liegenschaften Halten, Gubeli und Hinterbärchi sind Verhandlungen über den Landerwerb zu führen. Hiefür werden bestimmt:
Präsident Walker Michael und Vicepräsident Zurfluh Alois.

Bei den Verhandlungen über den Landerwerb waren einige Hindernisse zu überwinden. Die Weganlage sollte landschonend sein, dem Wald dienen, Sicherheit gegen Steinschlag bieten und die Zufahrt zu den Liegenschaften erleichtern. Damit verbunden waren auch Forderungen zur Trasseewahl.

Es konnte ein Kompromiss gefunden werden, der von allen etwas forderte, aber auch für alle Vorteile brachte, vor allem durch Erschliessung der Liegenschaften. Beim Landerwerb wurden Verträge abgeschlossen für 1.50 Fr. bis 2 Fr. pro m2, abzüglich die alten Wegflächen.

Allmendbürgergemeinde 11. November 1945
Das vom Allmendbürgerrat vorgeschlagene Projekt Bärchiweg im Kostenvoranschlag von Fr. 80000.- wird genehmigt und ein Baukredit in gleicher Höhe bewilligt.
An Subventionen sind zugesichert: Bund 30%, aus Konto Notstandsarbeiten 10%; Kanton 10%, für Notstandsarbeiten 5%.
Zur Sicherheit von Fussgänger- und Wanderverkehr sind drei Betonunterstände zu erstellen.
Mit dem Bau, in Regiearbeit, ist baldmöglichst zu beginnen.

Am 9. Oktober 1948 wurde ein Nachtragskredit von Fr. 10000.- bewilligt. Darin war auch der Ausbau des Kehrs ob Blackenrütteli eingerechnet, womit man eine Verbesserung für den Fahr-zeugverkehr nach Gossalp erreichen wollte. Die Bauarbeiten wurden in Regie ausgeführt, bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von 2 Franken. Kleinbauernbetriebe waren im Herbst und Winter froh um jeden noch so bescheidenen Nebenverdienst.

Nach Fertigstellung der Bärchistrasse erfolgte am 3. März 1949 die Bauabrechnung durch das Kantonsforstamt, mit einem Aufwand von Fr. 92 661.- , bei Subventionen von total Fr. 49 050.- . Obwohl man den Ausbau heute etwas grosszügiger wünschte, war es nach den damaligen Sub-ventionsbedingungen das Maximum, das möglich war. Da die Bärchistrasse überwiegend eine Güterstrasse ist, drängte die Allmendbürgergemeinde zur Entlastung ihrer Waldrechnung auf Abtretung an die Einwohnergemeinde.


Bärchistrasse wird Gemeindestrasse

Gemeindeversammlung 16. April 1988
Bereits vor einem Jahr wurde durch den Allmendbürgerrat Isenthal das Anliegen um Übernahme des Unterhaltes der Bärchistrasse an den Gemeinderat herangetragen mit der Begründung, dass diese Aufgabe mehrheitlich im Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit liege.
In den weitem Verhandlungen beantragt der Gemeinderat, die Bärchistrasse in das Eigentum der Einwohnergemeinde zu übernehmen. Es wird dabei in Erwägung gezogen, dass im Zusammen-hang mit dem geplanten Variantenweg Bauen - Isenthal - Isleten voraussichtlich mit namhaften Finanzierungsbeiträgen durch den Kanton Bern gerechnet werden kann. Bei der Ausführung von allfälligen Sanierungsarbeiten im Rahmen der Feierlichkeiten "700 Jahre Eidgenossenschaft" könnten diese in einem einfacheren Verfahren verwirklicht werden.

Dem Antrag um Übernahme der Bärchistrasse wird ohne weitere Wortbegehren zugestimmt.
Damit kommen der alte Kantonsweg und auch die Bärchistrasse, soweit sie diesen ersetzt, zu Jubiläumsehren als Teilvariante zum "Weg der Schweiz" um den Urnersee anlässlich der 700-Jahr-Feier. Diese Ehre wird auch der alten 'Landstrass' Isenthal - Fruttkäppeli - Isleten zuteil.

Aus Michael Walker: Isenthal im Wandel der Zeiten 1840 bis 1990, Gemeinde Isenthal 1991