Freitag, 7. Mai 2010

Die Strasse ins Isenthal: Leidensgeschichte 1




Als Bärchi-Bewohner und -Liebhaber interessiert mich die Geschichte dieses Ortes und des ganzen Isenthals. Von Bauen über die Bärchi führte ein wichtiger, aber recht mühsamer Weg ins Isenthal. Der andere Zugang von der Isleten war nicht minder anspruchsvoll.So ist es denn nicht verwunderlich, dass seit dem 19. Jahrhundert immer wieder eine Fahrtrasse von Isenthal an den See geplant und dafür gekämpft wurde. Man kann von einer eigentlichen Leidensgeschichte sprechen. Michael Walker, ehemaliger Gemeindeschreiber von Isenthal, hat im Jahre 1991 versucht, diese Leidensgeschichte mit Dokumenten aus den Gemeindeversammlungen und dem Gemeinderat aufzuarbeiten und zu beschreiben. Mich persönlich berühren diese Dokumente des Ringens einer abgelegenen Gemeinschaft um den Zugang zur Welt und ich will sie daher auf diesem Blog auch andern Interessierten zugänglich machen. Lesen Sie mit Gewinn das folgende Kapitel aus Michael Walkers Buch:


ENTWICKLUNG DER VERKEHRSWEGE IM 20. JAHRHUNDERT
(aus: Michael Walker: Isenthal im Wandel der Zeiten 1840 – 1990, Gemeinde Isenthal 1991)

Planung und Bau der Isenthalerstrasse
Im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts kamen immer mehr der Wunsch und das Bedürfnis nach einer gut zu befahrenden Strasse an die Isleten auf. Es wurden die verschiedensten Pläne in Erwägung gezogen.

Dorfgemeinden 18. April und 15. Mai 1870
Ist erkannt, es soll eine Kostenberechnung und ein Plan für eine neue Strasse durch das Tobel gemacht werden und selbes wieder der Dorfgemeinde zum Entscheid vorgelegt werden.
Als Ausschuss wird gewählt: Alois Gisler, Johann Josef Aschwanden und Ratsherr Schieli.
Ferner ist erkannt, eine Strassenbreite von 14 Schuh (4,20 m) für die Tobelstrasse in die Kostenberechnung aufzunehmen.


Dorfgemeinde 11. November 1870
Ist erkannt, neuerdings vom Schwybogen durch die Güter und Tobel in der Höhe gegen Dimmerloch oder von der alten Strasse vom Birchistutz nach unten zu führen, je eine Kostenberechnung vorzunehmen.
Der Ausschuss wird um zwei Mitglieder erweitert; dazu sind gewählt:
Josef Infanger, Wirt, und Josef Gnos.


Die Anregung zur Projektierung einer Tobelstrasse soll von den Holzern ausgegangen sein. Ihnen schwebte eine Strasse zum Reisten direkt an die Isleten vor. Nach Überlieferungen war die untere Linienführung geplant vom Schwybogen dem Bach entlang durchs Ringli-Gumplig-Guetig (heutiger Standort der ARA), dann durch den Waldeinschnitt unter der jetzigen Strasse hindurch Richtung Tobelwald zum Dimmerloch, unterhalb des heutigen Wassertrogs, und von da direkt gegen die alte Brücke an der Isleten.
Die obere Variante war geplant vom Birchistutz unterhalb Vorderbirchi in Kehren gegen das Dimmerloch und von da weiter wie Variante 1. Die Projektwahl war ein wichtiger Entscheid und wurde deshalb in geheimer Abstimmung durchgeführt, was zu jener Zeit noch eine Ausnahme war.

Dorfgemeinden 1. und 14. April 1872
Ist erkannt, wegen der Strassen-Angelegenheit am Sonntag, 14. April, eine Extra-Dorfgemeinde zu halten und in geheimer Abstimmung zu entscheiden.
Stimmfähige Einwohner 159
davon für Verwerfung mit Nein gestimmt 157
leere Stimmzettel eingelegt 1
ungültig _ 1
also total 159
Vorschlag und Kostenberechnung einer neuen Strasse durch das Tobel, untere Linie als auch obere Linie, sind für einstweilen wegerkannt und nicht angenommen.
Ferner ist aber dem Gemeinderat der Auftrag erteilt, ein Gutachten an die Dorfgemeinde zu bringen, wie weit die alte Strasse solle verbessert werden.


Im Protokoll ist über den Kostenvoranschlag und die Begründung zur einstimmigen Ablehnung des Projektes nichts enthalten. Nach Überlieferungen sollen die Gefahren von Steinschlag und Eis und die Frage der Wintersicherheit als nicht zu verantwortende Risiken die Hauptgründe dafür gewesen sein.

Dorfgemeinden 3. August 1873 und 11. November 1876

Ist erkannt, zur Wiederherstellung der verruinierten Strasse mit einem Betrag von ca. 3000 Fr. zu rechnen; dafür soll man sich um einen Holzschlag an den grösseren Bezirksrat wenden. Inzwischen soll der Weg auf Kosten vom Dorf gemacht werden, dass Lit (Leute) und Vieh fortkommen.
Auf gestellten Antrag wegen der Strasse vom Fruttkäppeli gegen Seedorf ist erkannt, die Bezirksverwaltung anzuhalten, sie für Lit und Vieh zu fahren in einen sichern Zustand zu stellen.


Nach Verwerfung des Projektes Tobelstrasse bahnten sich langsam andere Überlegungen an, da die bestehenden Strassenverhältnisse stets unbefriedigender wurden. Zuerst wollte man die Planung einer neuen Strasse durch den Kanton ausführen lassen. Auf Kantonsebene wurden die Bedürfnisse der Isenthaler aber nicht als vordringlich eingestuft. Das illustrieren folgende Protokolle:

Dorfgemeinde 11. November 1893
Präsident Josef Gisler teilte mit, dass die Projektierung einer neuen Strasse bisher unterlassen worden sei.

Dorfgemeinde 20. Mai 1894
Auf einen diesbezüglichen Antrag des Gemeinderates betreffend Aufnahme eines neuen Strassenprojektes von der Baudirektion, welchen Auftrag diese vom Regierungsrat schon im Jahre 1893 bekommen und bis dato noch nicht vollzogen hat, so wurde beschlossen, dem Regierungsrat eine Beschwerde gegen die Baudirektion von der Dorfgemeinde aus einzulegen.

Mit Schreiben vom 26. September 1894 begründete Kantonsingenieur Müller die Verzögerung: Das Blatt Isenthal war erst am 6. September von der Landestopographie in Bem erhältlich, und sämtliche vorhandenen Vermessungsinstrumente waren beim Bau der Klausenstrasse eingesetzt worden. Laut Akten wurde nun eine Kostenschätzung von 217000 Fr. aufgestellt für eine Neubauvariante Isleten - Schiltegg - Fruttkäppeli, den teilweisen Neubau Fruttkäppeli - Birchi und einen Ausbau der bisherigen Landstrasse Birchi - Dorf mit Gefällausgleich. Als weitere Variante wurde für die 1870 geplante Tobelstrasse eine Kostenberechnung von 110000 Fr. erstellt.
Diese Vorschläge entsprachen den Vorstellungen der Isenthaler nicht. Sie ergriffen die Eigeninitiative und übertrugen die Strassenprojektierung dem Ingenieurbüro Wildberger in Chur.

Dorfgemeinde 11. November 1894

Der Strassenbaukommission wurde Auftrag und Vollmacht erteilt:
Mit einem tüchtigen Ingenieur zu unterhandeln und einen Detailplan aufnehmen zu lassen.
Die Gemeinde gewährt hiefür den nötigen Kredit aus der Dorfkasse in der Meinung, dass der Kanton eine Entschädigung leiste.
Anlage, Breite und Geflille sind von der Kommission auf Grundlage näherer Studien vom Ingenieur endgültig zu entscheiden.

Dorfgemeinde 25. August 1895

Das von Ingenieur Wildberger, Chur, erstellte Strassenprojekt Isleten - Isenthal wurde mit folgender Ausnahme ohne Gegenantrag angenommen:
Wenn es sich gestatte, sei beim Kropfbach die Strasse durch eine offene Kehre zu erstellen.


Das Projekt Wildberger kam in Isenthal gut an, mit Ausnahme des Felsenkehrs am Fuss der Hohenfluh. Projektiert war die Linienführung vom späteren Restaurant Isleten zum ersten Kehr, dann gegen die Hohenfluh und oben beim Kropfbach als Felsenkehr Richtung oberste Schlaufe gegen das Käppeli-Egg. Der heutige mittlere Kehr wäre dann ausgefallen. Gegen den Kehr im Felsen wehrten sich die Holzer, denn sie befürchteten dort einen zu engen Radius für den Holztransport, vor allem im Winter, wenn er mit Schlitten erfolgte. Um diesen Wintertransport von Holz zu verstehen, muss man schon das Fuhrwerken mit Schlitten miterlebt haben!

Nach Überlieferungen stand auch eine andere Variante im Gespräch, die nicht im Protokoll enthalten ist. Sie hätte vom Felsenkehr aus direkt nach Seedorf und nicht an die Isleten geführt, denn schon zu jener Zeit muss durch den Bau der Gotthardbahn ein Marktaufschwung Richtung Altdorf stattgefunden haben. Damit wäre auch eine längere Strecke zur Kantonsstrasse geworden und so eine grössere Beteiligung des Kantons an deren Bau und Unterhalt zu erwarten gewesen. Im Hintergrund war vielleicht auch die Sägerei Bolzbach (beim heutigen Kraftwerk) daran interessiert, deren Besitzer, namens Infanger, ein ehemaliger Isenthaler war. Da aber die Isleten nach altem Brauch und Recht Umschlagplatz war, wurde die Strasse schliesslich mit drei Wendeplatten Richtung Isleten gebaut. Projektiert war die Strasse bis hinter das Dorf Isenthal bzw. bis zum sogenannten Tosenden Stein' hinter der Sägerei.

Dorfgemeinden 9. Februar und 17. Mai 1896

Die Kostenverteilung und Vorlage betreffend der neuen Strasse Isleten - Isenthal, wofür sich in mehreren Konferenzen Abgeordnete vom hohen Regierungsrat, von Korporationsrat und Gemeinderat von hier besprochen haben und die Kosten der ganzen Anlage auf 160 000 Fr. veranschlagt sind, wovon die Korporation Uri 50%, der Kanton 30% und die Gemeinde 20% zu übernehmen hat, wurde mit den dazu in der Vorlage enthaltenen Verpflichtungen angenommen.
Die Strassenbaukommission, bestehend aus: Ratsherr Josef Gisler, Korporationsrat Alois Bissig und Gemeindepräsident Johann Infanger, wurde bis nach Vollendung des Strassenbaues bestätigt.


Das Projekt Wildberger bildete dann die Grundlage für den Antrag des Regierungsrates und des Landrates an die Landsgemeinde vom 3. Mai 1896, den Bau und Unterhalt der Isenthalerstrasse betreffend, welcher kurz zusammengefasst lautete:

1. Der Kanton übernimmt den Bau der Isenthalerstrasse. Baubeginn 1899, nach Vollendung der Klausenstrasse.
2. Die bauleitende Behörde hat das Recht, die Pläne veränderten Verhältnissen anzupassen unter Festhaltung am Zweck der Strasse, besonders in bezug auf Langholztransporte.
3. Der Kanton leistet einen Beitrag von 30%; das sind 50 000 Franken.
4. Die Bauleitung des Kantons führt die Strassenbaurechnung. Die Teilhaber verpflichten sich, laufende Einzahlungen zu leisten.
5. Die Gemeinde Isenthal hat die Expropriationen durchzuführen. Die Kosten gehen zu Lasten der Baurechnung und sollen im Maximum 10000 Franken betragen.
6. Die Korporation verpflichtet sich, den Allmendboden sowie Sand und Steine gratis abzugeben.
7. Der Kanton übernimmt den Unterhalt vom Kropfbach bis zur Kirche Isenthal.

Aus der ganzen Baubotschaft sei hier nur der Abschnitt II zitiert, der die damaligen Verhältnisse aufzeigt, wovon manches z.T. heute noch zutrifft:

"In Bezug auf die Begründung dieses Antrages sprechen wir uns vor allen Dingen dahin aus, dass die Strasse Isenthal - Isleten ein wohlbegründetes Bedürfnis zu befriedigen im Stande und für die Gemeinde Isenthal sozusagen eine Lebensfrage ist. Isenthal zählt 598 Einwohner und gehört seiner Bevölkerungszahl nach bloss zu den mittleren Gemeinden des Kantons, ist aber seinem territorialen Umfang nach eine der grössten und hinsichtlich der Nutzbarkeit von Grund und Boden eine der bedeutendsten Gemeinden von Uri, wird doch der Wert der Alpen, Wälder und Liegenschaften zu mehreren Millionen geschätzt. Die Abgeschlossenheit des Tales, die äusserst geringen Verbindungsmittel nach auswärts und die Abgelegenheit vom Verkehr wirken hemmend auf die Entwicklung der Land- und Alpwirtschaft und beeinträchtigen den im Tal rege betriebenen Holzhandel immer stärker und fühlbarer. Die Produkte der Landwirtschaft besitzen nicht den Wert, der ihnen gebührte, während die eingeführten Lebensmittel ungleich höher zu stehen kommen als an anderen Orten. Unter diesen misslichen Verhältnissen darf es niemand verwundern, wenn der ökonomische Stand der Bevölkerung im Rückgang begriffen ist, die Lust und Liebe zur Bewirtschaftung von Grund und Boden zu schwinden beginnt und die Auswanderung Dimensionen annimmt, die als ungesund bezeichnet werden müssen. Kann eine Strasse diesen Missverhältnissen auch nicht gründlich abhelfen, so wird sie dieselben doch ganz erheblich mildem, der Tätigkeit, der Regsamkeit und der Schaffensfreudigkeit der Bevölkerung wirksam Hilfe leisten sowie den Produkten des Tales einen grösseren und lohnenderen Absatz sichern. Dazu wird die neue Strasse das Isental auch dem Fremdenverkehr besser und vermutlich ausgiebig erschliessen, indem seine Höhenlage, seine reine und milde Luft, seine landschaftliche Schönheit und seine Alpen und Berge sowie der weltberühmte Urirotstock zu dieser Erwartung vollkommen berechtigen. Endlich darf noch darauf verwiesen werden, dass Isenthal die einzige Gemeinde des Landes ist, welche nicht an einem grossen Verkehrswege liegt."

Über die Baugeschichte sind in der Gemeinde sehr wenige Akten vorhanden, da die Bauleitung beim kantonalen Bauamt lag. Der Bauauftrag wurde an die Arbeitsgemeinschaft der Firmen Baumann Gebr., Toneatti und Stiefenhofer vergeben. Als Bauführer des Ingenieurbüros Wildberger zeichnete H. Steinegger. Der Baubeginn fiel mit der Jahrhundertwende zusammen und erfolgte 1899/1900.

Gegenüber dem Projekt wurden noch Ergänzungen verlangt: weiterer Radius in den Kurven, ein neuer Holzplatz beim Käppeli-Egg und Änderung der Abschrankungen. Ursprünglich war vorgesehen, runde Holzlatten durch dicke Holzpfosten zu führen. Am Schluss wurde anstelle der Holzlatten ein Eisengeländer angebracht, und anstelle der eingemauerten Holzpfosten wurden Granitsteine gesetzt.
Die grössten Schwierigkeiten hatte die Baukommission mit der Nobel AG, der Besitzerin des Areals der Sprengstoffabrik, auf dem auch der Landungssteg der Dampfschiffgesellschaft Vierwaldstättersee lag. Beim Neubau der Strasse war die Firma bestrebt, alle Lasten wie Wegrechte, Sust und Landesteg aus ihrem Areal herauszuhalten, angeblich aus Sicherheitsgründen. Darum sah das Projekt den Beginn der Strasse beim Magazin (Standort des späteren Restaurant Isleten) vor und verlegte Sust und Landesteg ebenfalls dorthin. Wie Probefahrten aber ergaben, konnte die Dampfschiffgesellschaft das Anlegen am neuen Landeort bei Föhnstürmen nicht garantieren. Isenthal musste diese Variante fallen lassen und verlangte weiterhin Sust und Landesteg am alten Ort. Nach langen Verhandlungen entstand die heutige Kompromisslösung:
Landungssteg abseits der Fabrik auf halber Strecke im Vergleich zur ersten Variante. Dafür musste sich die Sprengstoffabrik am Bau und Unterhalt der verlängerten Strasse sowie an der Bachkorrektion beteiligen.

Herr Landammann und Finanzdirektor Gustav Muheim schrieb am 7. Juni 1902 an den Präsidenten der Baukommission von Isenthal:
"Ich bin froh, dass die Geschichte endlich bereinigt ist. Habe in meinem Leben viel unterhandelt, aber noch nie so lästig und unangenehm. Habe übrigens gestern im Verwaltungsrat der DGV deutlich meine Meinung gesagt."
Diese Worte sagen mehr als lange Zitate aus den Verhandlungen.

Am 5. Oktober 1901 fand eine Besichtigung der im Bau befmdlichen Strasse durch die beteiligten Behörden statt. Der Bauleitung wurde der Dank für die bisher geleistete Arbeit ausgesprochen und die Bauunternehmung mit Ergänzungsarbeiten beauftragt, so u.a. mit der Erstellung eines Kehrplatzes beim 'Tosenden Stein'.
Da sich die Isenthaler für den Stand der Baukosten interessierten, verlangte der Gemeinderat am 4. Dezember 1902 von der Baudirektion Uri eine Teilabrechnung. Am 31. Dezember 1903 wurde daraufhin dem Regierungsrat eine Abrechnung der bis zum 31. Dezember 1902 aufgelaufenen Kosten vorgelegt:


Baukosten Fr. 229 683.50
Zinsen Fr. 11 107.85

Total Fr. 240791.35
(Kostenvoranschlag Fr. 160000.-)

Die Schlussabrechnung
über den Bau der Isenthalerstrasse wurde durch Landammann und Regierungsrat am 10. August 1906 in folgender Zusammenstellung genehmigt:

Landerwerb Fr. 10 000.--
Bauarbeiten Fr. 227 782.70
Bauleitung Fr. 20 503.85
Verbindungsstrasse Isleten Fr. 5 587.65
Strassenunterhalt Fr. 6 079.60
Diverse Ausgaben Fr. 1 933. --
Nachträge Fr. 31 627.20

Total Fr. 303 514. --


Kostenteilung :
Anteil Kanton Uri Fr. 83 680. -
Anteil Korporation Uri Fr. 131 757. -
Anteil Gemeinde Isenthal Fr. 88 077. --

Total Fr. 303 514. --

Als Mehrkosten wurden begründet: verbreiterter Radius bei den Kurven, tiefere Fundationen bei lockeren Felspartien, neuer Holzplatz vor Werkhütte Käppeli, Verlängerung der Strasse an der Isleten.

Nach einer langen Planungsphase und einer Bauzeit von ungefahr zwei Jahren waren die Baugeschichte sowie auch der Kampf der Isenthaler für eine gut zu befahrende Strasse als Anschluss des Tales an und über den See abgeschlossen. Die Naturgewalten liessen aber keine Ruhe aufkommen; sie rumorten im Berg gegen den Eingriff und forderten zu weiteren Kämpfen auf.



Kampf gegen Naturgewalten

Laut Gemeinderatsprotokoll vom 11. November 1905 wurde die neue Strasse zwischen dem unteren und mittleren Kehr auf allen drei Schlaufen durch einen Erdrutsch von ca. 150 m 3 gänzlich verschüttet. Es wurde eine Besprechung mit dem Kantonsingenieur angefordert. Als Vertreter der Gemeinde waren bestimmt: Ratsherr Josef Gisler und Waisenvogt Josef Walker.

Die Anbruchstelle befand sich ob der Strasse und verlief vom 'Heidenkehli' beim mittleren Kehr aufwärts bis zur damaligen kleinen Werkhütte beim Kirschbaum. Dadurch wurden die angerissenen Felsschichten zwischen den untern Strassenteilen abgedrückt und die Strasse im Bereich aller drei Schlaufen beschädigt und mit Schutt und Fels bedeckt. Die Verhandlungen verliefen 'harzig'. Der Kanton verlangte zuerst eine Expertise über die Ursachen der Erd und Felsrutschung und deren Sanierung. Am 8. Dezember 1906 forderte der Gemeinderat die Räumung und Freigabe der Strasse bis Frühjahr 1907. Der Regierungsrat beschloss am 19. Januar 1907, die Räumung erst nach Vorliegen der Expertise vorzunehmen. Diese wurde dann am 12. März 1907 vom Eidg. Oberbauinspektorat abgeliefert und kam zu folgendem Ergebnis:
Die Rutschung erfolgte oberhalb des ersten und zweiten Kehrs und verschüttete alle drei Strassenschlaufen. Am Anschnitt der steil gegen den See auslaufenden, mit Zwischen-Mergelschichten durchsetzten Felsbänke sind bei Wasserzudrang gefährliche Gleitflächen entstanden. Es empfiehlt sich, die Anrisse mit Mauern und Felssicherungen sowie mit Verflechtungen zu sichern.

Mit Beschluss vom 23. März 1907 war der Regierungsrat bereit, diese Arbeiten dem Bauunternehmer Toneatti zu übergeben und die Kosten über ein Extra-Kontokorrent zu bezahlen. Eine Kostenteilung wurde vorbehalten und die Korporation Uri zur Beteiligung eingeladen. Am 25. März 1908 ersuchte der Gemeinderat Isenthal die Korporation erneut um eine Kostenbeteiligung. Am 2. Juni 1908 lehnte diese aber einen Kostenbeitrag entschieden ab. Bezüglich des Strassenunterhalts stützte sich der Regierungsrat auf den Landsgemeindebeschluss vom 3. Mai 1896, ab Kehr ob Kropfbach bis zur Kirche sei der Unterhalt Sache des Kantons; nach Änderung des Trassees gelte dies vom obersten Kehr an aufwärts. Am 4. April 1909 fand wieder eine Aussprache mit der Baudirektion Uri statt betreffs Unterhalt der lsenthalerstrasse und Kostenteilung nach dem Fels- und Erdrutsch von 1905. Über das Ergebnis dieser Aussprache fehlen Angaben. Einigen Aufschluss darüber gibt uns ein Schreiben der Ersparniskasse Uri an die Gemeideverwaltung lsenthal, welches lautet:
Gemäss Beschluss des Regierungsrates vom 7. März 1914 belasten wir Sie auf neuen Contocorrent No. 393 Gemeinde Isenthal - Räumungsarbeiten an der Isenthalerstrasse - mit Fr. 9 638.85 val. 31. Dezember 1913.
Der Strassenunterhalt der Strecke vom Restaurant Isleten bis zur Mitte zwischen dem ersten und zweiten Kehr sowie ab Kirche Isenthal gegen das Grosstal erfolgte nun durch die Gemeinde Isenthal, während die dazwischen liegende Strecke durch das Bauamt Uri unterhalten wurde. Nach dem Bau der Güterstrasse Isleten - Seedorf wurde der Kantonsweg Engisort - Isenthalerstrasse aufgehoben, und der Kanton übernahm dafür die ganze untere Teilstrecke der Isenthalerstrasse. Dazu passt der Spruch: 'Staatsmühlen mahlen langsam, aber sie mahlen sicher .•

Wir haben über diesen Abschnitt ausführlich berichtet, weil es heute unglaubhaft scheint, dass die Räumung und Öffnung einer Gemeinde-Erschliessungsstrasse erst nach drei Jahren erfolgte. Zum Warentransport während des Verkehrsunterbruchs von 1905 ist nachzutragen, dass die Güter zum grossen Teil mit Nauen und Booten nach Engisort geführt wurden. Dann wurden sie auf dem alten Kantonsweg zur Isenthalerstrasse hinaufgetragen und von dort weiter mit Pferdefuhrwerken ins Isental transportiert.

Am 31. März 1963, um 18.30 Uhr, ereignete sich am Käppeli-Egg bei der sogenannten 'Balm' erneut ein Felssturz und zerstörte die Isenthalerstrasse im Bereich aller vier Strassenschlaufen. Durch diese Naturkatastrophe wurde die Gemeinde mit einem Schlag wieder in Grossvaters Zeiten zurückversetzt und war erneut auf den alten Fussweg durch die Kehren an die Isleten angewiesen. Ein solcher Verkehrsunterbruch traf wirtschaftlich die ganze Bevölkerung, besonders das Gewerbe.
Am 1. April 1963 erfolgte ein erster Augenschein mit Baudirektion und Kantonsingenieur. Am 2. April fand eine gemeinsame Sitzung des Gemeinderates und des Allmendbürgerrates statt. Dabei wurden folgende dringende Begehren an die Baudirektion Uri aufgestellt:

- Sofortige Abräumung der AbbruchsteIle und Erstellen von Notbrücken bei weggerissenen Strassenstücken,
- Versetzung der Hochspannungsleitung durch das EWA aus Sicherheitsgründen während der Abräumung,
- Führung von Extrakursen durch die SGV zu Zeiten, die den Bedürfnissen der Arbeiter und Bewohner angepasst sind.

Die Seilanlage vom Holzplatz Käppeli zum Holzplatz Isleten wurde umgehend von der Gemeinde Isenthal erstellt und diente in erster Linie für Personen und Warentransporte und zur Versorgung des Tales mit Gütern für den täglichen Lebensbedarf. Sie wurde auch der Abräumungsfirma Gebr. Amold AG, Bürglen, für Materialtransporte zur Verfügung gestellt.

Einen Einblick in die Stimmung unter der Bevölkerung gibt folgende Stelle aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 22. April 1963:


Präsident Infanger Heinrich gibt einen Überblick über die seit der letzten Sitzung unternommenen Arbeiten sowie Interventionen bei verschiedenen Instanzen und fügt bei: "Es muss leider festgestellt werden, dass es Bürger gibt, die sich zu unbeherrschten Ausdrücken hinreissen lassen. Wenn das Arbeitstempo nicht allen Wünschen entspricht, so ergibt sich das aus den naturbedingten Verhältnissen auf dieser Arbeitsstelle. Suchen wir weiterhin durch ruhige, zielbewusste Arbeit das auferlegte Los zu erleichtern!"

Das Konzept des Bauamtes Uri bestand darin, gleichzeitig mit der geordneten und sicheren Abräumung einen besseren Ausbau der Strasse vorzunehmen. Deshalb musste diese während der Felsräumung für den Verkehr gänzlich und während des Ausbaus teilweise gesperrt werden.
Demgegenüber verlangte eine Unterschriftensammlung in der Gemeinde Öffnung der Strasse und Verkehrsfreigabe ab 20. Juni 1963, mit Wiederbeginn der Arbeiten ab l. November. Der Gemeinderat konnte sich nicht auf die Seite der Initianten stellen. Bei einem Unterbruch der Arbeiten hätte die Gefahr einer 'ewigen' Baustelle bestanden. Der Allgemeinheit war mit einer laufenden Instandstellung und möglichst baldigen geordneten Verkehrsverhältnissen besser gedient, als wenn überall schnell etwas geflickt und nirgends fertige, solide Arbeiten ausgeführt worden wären.
Die Postkurse wurden am 30. September 1963 wieder offiziell aufgenommen. Damit waren die Verkehrsbehinderungen nach sechsmonatiger Dauer beseitigt, und die Gemüter beruhigten sich wieder langsam. Diese Naturkatastrophe hat einmal mehr gezeigt, wie die Bevölkerung eines Gebirgstales den Unbilden der Natur ausgesetzt ist, wirtschaftliche und gesellschaftliche Nachteile hinnehmen und mit ihnen leben muss.

1 Kommentar:

  1. Kari ich danke dir herzlich für Deine interessante Arbeit.
    Ich gehe nächstens der Lebensgeschichte von Josef Maria Brand, 1819, welcher 1897 im Elsass (Zimmersheim) verstorben ist nach. Von und in Spiringen oder in Isenthal (Im Städtli oder Schweigmatt). Er war Urgrossvater meiner Frau Margrit.

    Mit Gruss Ruedi Herger-Brand, Altdorf

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